Berlin .

Mindestens 13 Prozent der Soldaten der Bundeswehr haben einen Migrationshintergrund. Sie sind afrikanischer oder arabischer Abstammung, vor allem sind in der Truppe viele Russlanddeutsche. Am Wochenende nun gab es Spekulationen, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) könnte einen Schritt weiter gehen und EU-Ausländer in die Streitkräfte aufnehmen. Dies ist tatsächlich eine Option und keinesfalls unrealistisch, wenn sie auch exotisch klingt für eine Armee, die mit dem Slogan wirbt: „Wir. Dienen. Deutschland.“

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte, die Bundeswehr werde wachsen und brauche daher qualifiziertes Personal: „Wir prüfen alle möglichen Optionen sorgfältig durch.“

Auf die Tagesordnung kam das Thema, weil der SPD-Verteidigungsexperte Karl-Heinz Brunner der „Augsburger Allgemeinen“ gesagt hatte, er könne sich EU-Ausländer in der deutschen Truppe vorstellen. Dass darüber hinaus auch Bürger von Staaten außerhalb der EU in der Bundeswehr dienen könnten – etwa gegen das Versprechen, einen deutschen Pass zu bekommen –, lehnt SPD-Politiker Brunner aber ab: Dadurch drohe die Bundeswehr „zu einer Art Söldnerarmee zu werden“.

Söldner in der Bundeswehr – dies sei „Unsinn“, sagt CDU-Verteidigungspolitiker Henning Otte dieser Redaktion. Er könne sich nur Einzelfälle vorstellen, „in denen ein EU-Ausländer eine dringend benötigte Spezialfähigkeit in die Bundeswehr einbringen kann“. Andere Unionspolitiker wie Florian Hahn (CSU) sind offener: „Im Rahmen der europäischen Freizügigkeit könnten hier moderne Modelle entwickelt werden“, sagt er.

Der Vorschlag wird schon seit acht Jahren geprüft

Die Überlegungen mit den EU-Bürgern sind nicht neu. Geprüft wird der Vorschlag seit acht Jahren, zunächst im Oktober 2010 von einer Strukturkommission unter Leitung von Frank-Jürgen Weise. Danach taucht er im Februar 2011 in einem Papier für den Verteidigungsausschuss auf und sorgt für Aufsehen. 2011 ist das Jahr, in dem die Wehrpflicht ausgesetzt wird. Im Juli 2016 findet der Vorschlag endgültig Eingang in das „Weißbuch“ zur Sicherheitspolitik der Regierung. Ein Vorbild könnte die US-Army sein, die jedes Jahr rund 8000 Ausländer aufnimmt, meist Mexikaner und Philippiner, die im Gegenzug die amerikanische Staatsbürgerschaft erhalten können.

Genauso alt wie die Vorschläge ist die Kritik daran, weil es ein Schritt in Richtung einer Söldnertruppe wie der legendären französischen „Fremdenlegion“ wäre und weil für viele die deutsche Staatsangehörigkeit elementar ist – wegen des besonderen gegenseitigen Treueverhältnisses von Staat und Soldat. Erstaunlich ist, dass noch kein Militär aus einem EU-Staat auf die Idee gekommen ist, in Deutschland auf Anerkennung seines Berufsabschlusses zu klagen – und auf Aufnahme in die Bundeswehr. Außerdem hat die Bundesrepublik auch mit anderen Staaten Abkommen zur Anerkennung von Berufsabschlüssen geschlossen, etwa mit der Schweiz, die in der Diskussion ausdrücklich immer genannt wurde.

2011 hat Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) die Option mit EU-Soldaten nicht gezogen, ebenso wenig seine Nachfolger Thomas de Maizière (CDU) und von der Leyen. Allerdings zieht von der Leyen sie in Betracht. 2016 richtet sie erstmals eine Stabsstelle „Diversity Management“ ein. Sie soll helfen, Vielfalt, Inklusion und Integration in der Truppe zu verbessern. Das ist eine Voraussetzung, um die Bundeswehr für Minderheiten zu öffnen. Bereits heute dienen 1500 Muslime in der Truppe, weshalb ein Imam für die Bundeswehr – vergleichbar den christlichen Militärbischöfen – gefordert wird. Bei einigen Auslandseinsätzen setzt die Bundeswehr gern Soldaten mit muslimischem Hintergrund ein, sie sollen mit ihren Sprach- und Kulturkenntnissen den Zugang zur Bevölkerung erleichtern.

„In deutschen Streitkräften müssen Deutsche dienen“

Von der Leyen, die gerade auf Sommerreise in der Truppe unterwegs ist, wird die Debatte aufmerksam verfolgen. Aus der großen Koalition wird ihr Mut gemacht, die Option „Ausländer“ zu ziehen. Sie alle wissen, dass die Bundeswehr sich schwertut, Freiwillige zu rekrutieren, zumal sie ihre aktuelle Stärke von 180.000 Frauen und Männer auf 200.000 Soldaten erhöhen will. Eine Alternative wäre die Rückkehr zur Wehrpflicht, die ausgesetzt wurde. Die AfD fordert, dass dies beendet wird. Die Idee hat auch in der Union Anhänger. CDU-Mann Otte kennt eine Alternative: Wenn es Schwierigkeiten gebe, genügend Personal in Deutschland zu finden, „muss der Dienst in der Bundeswehr noch attraktiver werden“. Es solle Karrieremöglichkeiten, gute Bezahlung, gesellschaftliche Anerkennung geben. In erster Linie, sagt Otte, müssten in deutschen Streitkräften „Deutsche dienen“.