Berlin.

Zwei Minuten bevor es mit den Fragen losgehen soll, betritt Angela Merkel mit schwungvollem Schritt den großen Saal der Berliner Bundespressekonferenz. Auch wenn die Wahl ihres Blazers das Gegenteil von Erschöpfung ausstrahlt, sie trägt ein leuchtendes Rot, ein bisschen urlaubsreif wirkt die Kanzlerin dann doch – tatsächlich will sie nun selbst in den Urlaub fahren. Und freut sich vor allem auf das „Ausschlafen“.

Sie beginnt mit einer kleinen Rede, die fast einer Entschuldigung gleichkommt: „Im vergangenen Jahr haben wir uns hier kurz vor der Bundestagswahl getroffen, heute treffen wir uns vier Monate nach dem Antritt der neuen Bundesregierung.“ Und damit niemand fragen muss, was ihre Regierung in diesen vier Monaten der Regierungszeit geleistet habe, fasst sie mal kurz zusammen: Es sei gerade ein Programm für Langzeitarbeitslose beschlossen worden, um die Teilhabe für alle an der Gesellschaft zu fördern. Auch mit Zukunftsthemen wie der künstlichen Intelligenz beschäftige man sich. In der „Digitalisierung“, also dem Zukunftsthema schlechthin, habe Deutschland Nachholbedarf – auch hier laufen Programme. Und schließlich „haben wir für mehr Ordnung und Steuerung in der Migration gesorgt“. Da war er also, der gerade für beendet erklärte Asylstreit zwischen CDU und CSU. Das Thema, das fast alle anderen Probleme in diesem Frühjahr und Sommer verdrängt hatte.

Noch einmal danach gefragt, sprach sich Angela Merkel ausdrücklich dafür aus zu streiten. „Man steht bei einem Streit immer vor der Frage: Soll er ausgetragen werden? Ich bin ganz klar dafür.“ Allerdings räumte Merkel ein, dass sie denke, dass sich die Politikverdrossenheit bei den Bürgern durch den Asylstreit erhöht habe. Daher müssten künftig Probleme in einer „anderen Tonalität“ gelöst werden. Sie habe „Erosionen von Sprache“, eine „Verrohung“ bemerkt, der Ton sei „verbesserungswürdig“. Nichtsdestotrotz „haben wir sichergestellt, dass sich 2015 nicht wiederholt“. Im Asylstreit zwischen CDU und CSU ging es darum, wie man mit Flüchtlingen, die in Deutschland Asyl beantragen, aber schon in einem anderen europäischen Land registriert sind, umgeht. Ein Kompromiss sei immer eine Lösung, bei der die Vorteile gegenüber den Nachteilen überwiegen, erklärte Merkel. Und der gefundene Kompromiss orientiere sich an ihrer Richtlinienkompetenz, und das sei entscheidend. Ohne überhaupt den Namen Seehofer zu nennen, erklärt sie dann auf Nachfrage zu ihrem Kabinett, ob es wohl in dieser Zusammenstellung das Ende der Legislaturperiode erlebe, dass sie im Moment mit jedem ihrer Minister „gern“ zusammenarbeite. Auch an ihren eigenen Rücktritt habe sie in dieser Zeit nie gedacht.

Mit wem möchte die Kanzlerin am liebsten urlauben?

Der Mann, dem neben Horst Seehofer an diesem Vormittag die zweitmeisten Fragen galten, war US-Präsident Donald Trump. Wie sie denn das Treffen zwischen ihm und dem russischen Präsidenten Putin vor Kurzem in Helsinki beurteile? Die Kanzlerin: „Positiv. Ich freue mich über jedes Treffen eines US-Präsidenten mit einem russischen Präsidenten.“ Dies müsse wieder zur Normalität werden, sagt sie mit Blick auf die Atomwaffenarsenale beider Länder.

Auf die Frage, wie es derzeit um die transatlantischen Beziehungen stehe, antwortet Merkel, dass sich Europa nicht mehr mit der früheren Selbstverständlichkeit auf die Ordnungs- und Supermacht USA verlassen könne. Es sei daher legitim, dass Europa seine Rolle in der globalen Ordnung finde. Die EU sei in einem „Transformationsprozess“.

Im Handelskonflikt zwischen der EU und den USA setze sie auf Verhandlungen. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker werde nächste Woche bei seiner Reise nach Washington Vorschläge machen, wie man in einen „Gesprächsprozess“ kommen könne, sagte Merkel. Die US-Regierung hatte mit der Androhung von Zöllen auf Autos und weitere Waren für erneute Verunsicherung gesorgt. Trump hatte gedroht, einen „20-Prozent-Zoll“ auf alle Autoimporte zu erheben. Dies könnte die deutsche Autoindustrie empfindlich treffen.

Ein müdes Lächeln erhielt von ihr der Journalist, der sie fragte, mit wem sie lieber in den Urlaub fahren wolle – Donald Trump, Horst Seehofer oder mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Die Frage stelle sich nicht, sagt die Kanzlerin. „Urlaub ist Urlaub.“