Bundesländer entlassen angestellte Lehrer im Sommer, um Geld zu sparen. Finanzminister Scholz will im Bund für mehr dauerhafte Jobs sorgen

    Während für die meisten Schüler in diesen Tagen die beste Zeit des Jahres beginnt, dürfte es für viele Lehrern die bitterste sein: Statt zur Schule gehen sie jetzt zur örtlichen Arbeitsagentur, denn noch immer schicken viele Bundesländer ihre befristet angestellten Lehrer in den Sommerferien in die Arbeitslosigkeit. Mehrere Millionen Euro lassen sich auf diese Weise sparen – obwohl gerade Lehrer fast überall dringend gesucht werden. Rund 5000 Pädagogen bundesweit könnten schätzungsweise auch jetzt wieder von dieser speziellen Form der Personalpolitik betroffen sein.

    Die Situation der Lehrer wirft ein Schlaglicht darauf, wie gerade der Staat mit seinen angestellten Beschäftigten umgeht. In Behörden und an Universitäten arbeitet ein größerer Anteil befristet Beschäftigter als in privaten Unternehmen. Die Bundesregierung versucht nun, dies zu ändern.

    „Keine Behörde und keine dieser Einrichtungen darf mehr als 2,5 Prozent sachgrundlos befristete Stellen haben“, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), als er jetzt den aktuellen Haushalt vorlegte. Und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will bis zum Sommer des nächstens Jahres ein Gesetz vorlegen, das auch Privatunternehmen zwingen wird, diese Quote einzuhalten.

    Die Eindämmung befristeter Beschäftigung war eine der wichtigsten Forderungen der SPD, bevor sie im März der erneuten Koalition mit CDU und CSU zustimmte. Am liebsten hätten die Genossen die „sachgrundlose Befristung“ – also die Begrenzung eines Arbeitsverhältnisses auf zwei Jahre ohne dass einer der acht gesetzlich definierten Gründe vorliegt – ganz abgeschafft. Das aber hätte vor allem den Wissenschaftsbetrieb, aber auch die öffentliche Verwaltung in massive Schwierigkeiten gebracht. Nun versucht Finanzminister Scholz, diesem Ziel etwas näher zu kommen und mit gutem Beispiel voranzugehen, indem er mehr Geld für unbefristete Stellen bereitstellt. In den Jahren 2018 und 2019 sollen nach Angaben seines Ministeriums in der ganzen Bundesverwaltung exakt 1760 neue ganze Stellen und eine halbe geschaffen werden, um befristete Verträge abzulösen.

    Insgesamt beschäftigt die Bundesregierung derzeit rund 7900 Mitarbeiter ohne besonderen Grund befristet. Vor allem im Bereich des Bundesinnenministeriums, des Justiz-, des Verkehrs- und des Gesundheitsministeriums gibt es noch sehr viele sachgrundlos befristete Stellen. Bis wann der Bund die selbst gesetzte Quote von 2,5 Prozent solcher Verträge erreichen will, ist unklar: „Eine konkrete Zeitvorgabe als Ziel hierfür macht der Koalitionsvertrag nicht, eine solche ist dem Bundesministerium der Finanzen auch nicht bekannt“, sagte ein Sprecher.

    Wie schwierig es ist, diese befristeten Jobs auch in der Privatwirtschaft zu begrenzen, hat Scholz bereits selbst erfahren müssen. Als im Mai bekannt wurde, dass die Deutsche Post – die sich noch zu gut 20 Prozent im Staatsbesitz befindet – viele Paketboten zuerst nur befristet einstellt, bevor sie ihnen einen unbefristeten Vertrag anbietet, sagte Scholz spontan in einer Talkshow: „Diejenigen, die für uns im Aufsichtsrat sitzen, haben sich vorgenommen, darauf zu reagieren.“ Der Bund werde bei der Post seinen Einfluss nutzen, damit es weniger befristete Jobs gibt, versprach er. Inzwischen aber muss das Finanzministerium einräumen: „Eine Weisung an die Geschäftsleitung ist bei einer Aktiengesellschaft nicht möglich.“ Für die Arbeitsbedingungen in den Unternehmen mit Bundesbeteiligung sei allein der Vorstand verantwortlich. Das Thema Befristungen sei auch keines, mit dem sich der Aufsichtsrat der Post – und damit der Vertreter des Bundes – unbedingt befassen müsse.

    Nächstes Jahr kommt das Gesetz gegen Befristungen

    „Der Staat kann nicht Dinge verlangen, die er selbst nicht vorlebt“, sagt Arbeitsminister Heil und will die Zahl der sachgrundlos befristeten Stellen in seinem Haus nächstes Jahr von jetzt drei auf null reduzieren. Innerhalb eines Jahres werde er das Gesetz vorlegen, das auch die Wirtschaft auf die Quote von 2,5 Prozent festlegen soll: „Für die Hälfte aller Befristungen gibt es keinen Sachgrund. Das muss aufhören.“

    Dass die Länder trotzdem noch immer so viele Lehrer befristet beschäftigen, rechtfertigen die Kultusministerien damit, dass es sich um Vertretungslehrer handele, die für Kollegen einsprängen, die länger erkrankt seien oder in Mutterschutz oder Elternzeit seien. Der Vorsitzende des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, fordert deshalb 50.000 neue Planstellen: „Ich halte es für skandalös, dass sich trotz Lehrermangel und massivem Unterrichtsausfall viele Bundesländer weigern, befristete Verträge in dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse umzuwandeln“, sagte er der „Bild“-Zeitung.