Washington.

Wenn es um den Sachverstand und die Zuverlässigkeit der amerikanischen Geheimdienste geht, sitzt der größter Zweifler im Weißen Haus. Während die komplette Riege der US-Sicherheitsbehörden „eindeutige Beweise“ dafür zu haben glaubt, dass Russland die US-Präsidentschaftswahlen 2016 unterlaufen wollte und auch bei den kommenden Zwischenwahlen im Kongress durch Desinformation Unfrieden stiften wird, hält Präsident Donald Trump Kreml-Herrscher Wladimir Putin unverändert die Stange. „Er sagt mir immer, dass Russland nichts damit zu tun hat“, lautet Trumps Standard-Replik vor dem Gipfeltreffen mit Putin am 16. Juli in Helsinki.

Ähnlich liegt der Fall Nordkorea. Nach dem historischen Gipfel in Singapur am 12. Juni, bei dem Diktator Kim Jong-un ein vages Bekenntnis zur Aufgabe seines Atomwaffenprogramms abgelegt hatte, sieht Trump die Verhandlungen auf einem „sehr guten Weg“ und attestiert der seit Jahrzehnten für Betrug und Irreführung bekannten Gegenseite Aufrichtigkeit.

Weder habe es seit vergangenem November Raketentests gegeben, erklärte Trump, noch habe das kommunistische Regime atomare Sprengsätze gezündet. Darüber sei „ganz Asien begeistert“. Allein die oppositionellen Demokraten und die „Lügenpresse“ hätten etwas zu mäkeln – etwa, dass es bis heute keine exakte Definition des Begriffs „Denuklearisierung“ gibt. Und dass in den Vereinbarungen von Singapur weder ein Zeitplan noch ein Kontrollmechanismus zu finden ist. Dagegen ist für Trump eindeutig: „Wäre ich nicht gewesen, wären wir jetzt im Krieg mit Nordkorea!“

Dieses Eigenlob steht im Gegensatz zu Erkenntnissen des amerikanischen Militärgeheimdienstes, die bei dem an diesem Freitag und Sonnabend stattfindenden Besuch von US-Außenminister Mike Pompeo in Pjöngjang eine zentrale Rolle spielen werden. Die DIA hat ermittelt, dass Nordkorea die Entwicklung seiner Atomwaffen verschleiert und weiter Produktionsstätten etwa zur Uran-Anreicherung unterhält. Beides werde mit hohem Aufwand vor den USA verborgen.

Pjöngjang, so zitieren der TV-Sender NBC und die „Washington Post“ US-Nordkorea-Experten, fahre sein Atomprogramm nicht zurück. Es gebe stattdessen „eindeutige Belege“, dass Kim die Vereinigten Staaten zu täuschen versuche. So sei etwa die tatsächliche Zahl der einsatzfähigen Raketen und Atom-Sprengköpfe höher als die von Nordkorea bisher angegebene. Unabhängige Organisationen wie das renommierte Middlebury-Institut wiesen darauf hin, dass auf Satellitenbildern zu erkennen sei, wie eine nordkoreanische Raketen-Fabrik derzeit ausgebaut werde. Der Ruf nach unabhängigen internationalen Kontrolleuren, denen ungehindert Zugang gestattet werden müsse, wird darum in Washington lauter.

US-Regierungssprecherin Sarah Sanders wollte die Vorwürfe, die von Atomwissenschaftlern in den USA als „plausibel“ bezeichnet werden, bislang weder bestätigen noch zurückweisen. Offenbar will das Weiße Haus erst abwarten, was Pompeo von seinem dritten Aufeinandertreffen mit Kim binnen weniger Monate mitbringt.