Brüssel/Straßburg. EU-Parlament beschließt Sperrklausel für künftige Europawahlen

    Ob Tierschutzpartei, Piraten oder die NPD: Das EU-Parlament hat für deutsche Kleinparteien bislang einen großen Vorzug. Weil anders als im Bundestag seit 2014 keine Sperrklausel gilt, können auch Splittergruppen Abgeordnete ins Parlament schicken. Schon ein Ergebnis von 0,6 Prozent der Stimmen genügte bei der Wahl 2014 für ein Mandat Immerhin acht Parteien mit insgesamt zehn der 96 deutschen Abgeordneten hätten es bei einer Fünf-Prozent-Hürde nicht geschafft.

    Doch damit soll nun Schluss sein: Das EU-Parlament beschloss am Mittwoch mit knapper Mehrheit eine Wahlrechtsreform, nach der für größere EU-Staaten eine Hürde von mindestens zwei bis fünf Prozent der Stimmen eingeführt werden muss. Die Auflage soll „spätestens bis 2024“ gelten, eine Einführung schon zur Europawahl im Mai 2019 ist nicht ausgeschlossen. Die Umsetzung liegt jetzt bei den nationalen Parlamenten. Deutsche EU-Abgeordnete der Union drängen darauf, die Sperrklausel in Deutschland schon 2019 einzuführen: „Nur so kann einer weiteren Fragmentierung des Europaparlaments vorgebeugt und chaotischen Gesetzgebungsverfahren entgegengetreten werden“, sagte der CDU-Abgeordnete und Vizechef des Verfassungsausschusses, Markus Pieper, dieser Zeitung. Doch die Piratenpartei, die Freien Wähler und die ÖDP, die von der Reform betroffen wären, kündigten umgehend eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht an.

    Die Reform sei ein Verstoß gegen das Recht jedes Wählers auf gleiche Erfolgschancen seiner Stimme und bedeute einen Verlust an Demokratie und Pluralität in Europa, erklärten sie. Ähnlich äußerten sich die Grünen. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2014 die bis dahin geltende Sperrklausel von drei Prozent für EU-Wahlen gekippt, weil es in der damaligen Regelung einen Verstoß gegen die Grundsätze der Wahlrechtsgleichheit und Chancengleichheit sah. Eine solche Hürde sei nur im Zusammenhang mit einer europäischen Gesetzgebung zulässig, so die Karlsruher Richter.

    Dies ist nun nachgeholt. Allerdings haben fast alle größeren EU-Mitgliedstaaten sowieso schon in ihren nationalen Gesetzen Sperrklauseln von zwei oder mehr Prozent eingeführt – nur Deutschland und Spanien nicht, die jetzt am Zug sind. Die Reform sieht auch erstmals die Möglichkeit der Briefwahl auf EU-Ebene vor.