Berlin.

Er liebt es zu lächeln – und dabei Zähne zu zeigen. Der neue US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, ist gerade mal vier Tage im Amt, als er seinen neuen Dampfhammer-Stil ankündigt: „Ich bin gegen Gruppendenken in der Diplomatie“, sagt er im Interview mit dieser Redaktion. Und: „Wenn man Krieg vermeiden will, verfügt man besser über Diplomaten, die bereit sind, hart zu sein.“ Nach seiner Aufforderung an deutsche Unternehmen, ihr Geschäft mit dem Iran „sofort herunterzufahren“, wusste jeder, was gemeint war.

Der Gipfel ist erreicht, als sich Grenell kürzlich in der rechtspopulistischen Webseite „Breitbart News“ als Propagandist zu erkennen gibt: „Ich möchte andere Konservative in Europa, andere Anführer, unbedingt stärken.“ Österreichs Regierungschef Sebastian Kurz, der in der Vergangenheit die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) scharf gerügt hatte, lobt er über den grünen Klee als „Rockstar“. Für nächste Woche hat er ihn in seiner Residenz in Berlin-Dahlem zum Mittagessen eingeladen. Mit derartigen Sätzen und Gesten löst der Mann von US-Präsident Donald Trump in Deutschland einen Tsunami der Kritik aus.

Am Mittwoch stehen die Zeichen jedoch auf Deeskalation. Um 16 Uhr trifft sich Grenell mit Staatssekretär Andreas Michaelis im Auswärtigen Amt. Es ist ein Antrittsbesuch. Danach folgt ein Gespräch mit dem Koordinator der Bundesregierung für die transatlantische Zusammenarbeit, Peter Beyer (CDU). Sowohl das Außenministerium als auch Amerikaner versuchen, den Dampf aus der hitzigen Debatte zu nehmen. Bei der gestrigen Unterredung sei es in erster Linie um die Lage im Nahen und Mittleren Osten, das Atomabkommen mit dem Iran, die Lastenteilung innerhalb der Nato sowie um Handelsfragen gegangen, heißt es von deutscher Seite.

Es ist eine Operation Schadensbegrenzung. Grenell habe sich unglücklich über die Reaktionen auf sein Interview in „Breitbart News“ gezeigt, heißt es nach dem Gespräch aus dem Außenministerium. Er wolle insbesondere nicht als Parteigänger rechtsgerichteter Kräfte in Deutschland wahrgenommen werden. Es gehe ihm darum, auch atmosphärisch die Voraussetzungen für eine enge Zusammenarbeit mit den deutschen Partnern zu schaffen. Man kann es auch als Entschuldigung auf breiter Front bezeichnen.

Möglicherweise kam die Order hierzu aus dem Weißen Haus. Die US-Regierung ist bemüht, die Wogen zu glätten. Grenell habe Außenminister Heiko Maas (SPD) bereits am 24. Mai seine Aufwartung gemacht, unterstreicht man in der US-Botschaft. Außenstaatssekretär Walter Lindner sei am 30. Mai an der Reihe gewesen. Zudem habe sich der Botschafter auch schon mit Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sowie mit Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) getroffen. „Er macht die große Runde und wird sicher demnächst auch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel sprechen“, heißt es. In der Vertretung am Brandenburger Tor versucht man, den Eindruck von Routine und Geschäftsmäßigkeit zu erwecken: Ja nicht den Bogen überspannen. Eine Art selbst auferlegter Provokations-Stopp.

Und plötzlich gibt es Streicheleinheiten für die Kanzlerin. „Ich mag ihre Ernsthaftigkeit und ihre Herangehensweise an politische Dinge“, preist Grenell die deutsche Regierungschefin in einem Interview mit der „Bunten“. Sie erwarte „Resultate und nicht Prunk oder Glamour“. Der Pressesprecher der US-Botschaft, Bill Martin, gießt es in die staatstragende Formel: „Wir schätzen unsere guten Beziehungen zu Deutschland. Wir wollen sie fortsetzen.“

Es scheint, als ob die Amerikaner selbst ein bisschen erschrocken waren über das heftige Echo auf Grenells jüngste Äußerungen. „Wir sind es nicht gewohnt, dass sich ein Botschafter in unsere inneren Angelegenheiten einmischt“, hatte Transatlantik-Koordinator Beyer gestichelt. Eine Anspielung auf Artikel 41 der Wiener Übereinkunft über diplomatische Beziehungen, in dem vorgeschrieben wird: „Alle Personen, die Vorrechte und Immunitäten genießen, sind unbeschadet derselben verpflichtet, die Gesetze und andere Rechtsvorschriften des Empfangsstaats zu beachten. Sie sind ferner verpflichtet, sich nicht in dessen innere Angelegenheiten einzumischen.“

„Amerikaner und Deutsche spielen im selben Team“

Was freilich eine Einmischung in innere Angelegenheiten bedeutet, ist nicht klar formuliert und lässt Interpretationsspielraum. Die schärfste Kritik kam vom ehemaligen SPD-Chef Martin Schulz: „Grenell benimmt sich nicht wie ein Diplomat, sondern wie ein rechtsextremer Kolonialoffizier.“

Ja keine weitere Polarisierung, lautet nun das Motto der Amerikaner. „Ich weiß, dass es viel Unterstützung für unseren Präsidenten gibt. Denn: Amerikaner und Deutsche spielen im selben Team“, sagt Grenell.