Kiew.

Die Ukraine sieht sich nach dem vorgetäuschten Mord an dem kremlkritischen russischen Journalisten Arkadi ­Babtschenko heftiger Kritik ausgesetzt. Journalistenverbände zeigten sich empört über die Irreführung. „Solche Inszenierungen sind ein Stich ins Mark der Glaubwürdigkeit des Journalismus“, warnte die Organisation Reporter ohne Grenzen. Es sei unglaubwürdig, dass ein möglicher Mordanschlag nicht anders als durch dessen Vortäuschen verhindert werden könne.

Babtschenko (41) war angeblich am Dienstagabend vor seiner Wohnung in Kiew erschossen worden. Medien weltweit hatten darüber berichtet. Kollegen wähnten ihn in einer Reihe mit anderen ermordeten Kremlkritikern wie Anna Politkowskaja oder Boris Nemzow.

Am Mittwoch erschien der Journalist aber unversehrt bei einer Pressekonferenz des Inlandsgeheimdienstes SBU. Der fingierte Anschlag sei ein Spezialeinsatz gewesen, um ein Mordkomplott russischer Geheimdienste gegen Babtschenko aufzudecken, hieß es.

Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, kommentierte, es sei offensichtlich, dass die Aktion einen Propagandaeffekt habe. In einer Mitteilung des Ministeriums hieß es, die Ukraine spiele mit Leben und Tod sowie mit dem Vertrauen der internationalen Gemeinschaft und verbreite antirussische Hysterie. Kremlsprecher Dmitri Peskow forderte, der ukrainische Geheimdienstchef solle für seine Aussagen geradestehen.

„Es ist gefährlich, in einer Welt zu leben, wo die Behörden, wo die Politik die Bürger und die Öffentlichkeit dreist belügen“, sagte der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbands (DJV), Frank Überall. „In dem Moment, wo wir unseren Regierungsvertretern nicht mehr trauen können, wird es für eine Demokratie sehr gefährlich.“

Babtschenko wehrte sich am Donnerstag gegen Vorwürfe, er hätte sich nicht zu der Inszenierung hergeben dürfen. Die Gefahr eines Anschlags auf ihn sei real gewesen, erklärte er.

Der ukrainische Generalstaatsanwalt Juri Luzenko verteidigte die Spezialoperation des SBU. Sie sei nötig gewesen, um an Informationen über weitere mutmaßlich geplante Anschläge zu kommen, sagte Luzenko. Dies sei nur bei der Geldübergabe nach einem angeblich erfolgreichen Anschlag auf Babtschenko möglich gewesen. Der SBU veröffentlichte ein Video, das die Festnahme des angeblichen Organisators bei dem geplanten Auftragsmord zeigte. Präsident Petro Poroschenko lobte den SBU für die „glänzende Operation“.