Dublin .

Gaye Edwards bekommt in der 20. Schwangerschaftswoche die Dia­gnose, dass ihr heiß ersehntes Baby niemals leben werde. Der Fötus sei missgebildet, ohne Hirn, heißt es. Trotzdem soll sie das Kind bis zum bitteren Ende austragen – so verlangt es das strenge Gesetz in Irland. Gaye reist schließlich mit ihrem Mann heimlich nach Belfast, Nordirland, wo die Schwangerschaft beendet wird.

Fälle wie dieser zeigen: Bislang hatten Frauen, die durch eine Schwangerschaft in eine verzweifelte Lage geraten, in Irland kaum eine Chance auf Hilfe. Schuld daran ist der achte Verfassungszusatz, der Abtreibung selbst nach einer Vergewaltigung und schweren Missbildungen des Fötus unter Strafe stellt. Wer dagegen verstößt, kann mit bis zu 14 Jahren Gefängnis bestraft werden.

Heute stehen Gaye Edwards und ihr Mann Garry an der Spitze der Bewegung, die am vergangenen Freitag in ein Referendum über das Ende des strengsten Abtreibungsverbots der Europäischen Union mündete. Das Ergebnis wird Geschichte schreiben: Nach Auszählung aller 40 Wahlkreise votierten 66,4 Prozent für die notwendige Verfassungsänderung. Nur 33,6 Prozent wollten das strenge Abtreibungsverbot wie bisher beibehalten. Vor allem junge Wähler und Frauen stimmten mit überwältigender Mehrheit für die Lockerung des Abtreibungsverbots. Bei den 18- bis 24-Jährigen lag die Zustimmung zu der Verfassungsänderung sogar bei rund 87 Prozent.

Tausende Menschen haben am Wochenende in Irland den Sieg des Ja-Lagers gefeiert. Ministerpräsident Leo ­Varadkar, der sich stark für die Gesetzesänderung eingesetzt hatte, sprach am Samstag vom Höhepunkt einer stillen Revolution, die sich in dem vormals streng katholischen Land vollzogen ­habe.