Buenos Aires/Washington.

Mike Pompeo zerpflückt das internationale Atomabkommen mit dem Iran in rund 15 Minuten von vorn bis hinten. „Die Vereinbarung hat es nicht geschafft, die Sicherheit des amerikanischen Volkes zu garantieren“, sagt der US-Außenminister am Montag vor den Zuhörern in der streng konservativen Denkfabrik Heritage Foundation in Washington. Teheran habe in der Vergangenheit über die Entwicklung seines Kernwaffenprojekts gelogen. Deshalb sei sein Land aus dem Deal ausgestiegen. „Wenn die Fristen des Atomabkommens abgelaufen sind, wird Iran einen schnellen Sprint zur Bombe hinlegen können“, warnt Pompeo.

Der 54-Jährige redet nicht mit der schneidenden Schärfe eines Donald Trump, doch der Inhalt ist der gleiche: Der Iran habe trotz des Nuklearabkommens ballistische Raketen produziert, die Kernwaffen tragen könnten. Er finanziere regionale Unruhestifter wie Hisbollah, Hamas, El Kaida oder die Huthis im Jemen. „Der Iran ist der größte Terror-Unterstützer in der ganzen Welt.“

Der US-Außenminister gibt nicht nur den Fundamentalkritiker des Mullah-Staats. Er setzt das Regime mit einem Friss-oder-stirb-Ansatz massiv unter Druck. Entweder die Führung in Teheran unterschreibe einen fristlosen Verzicht auf Nuklearwaffen, beordere alle Kräfte aus Syrien zurück und stelle ihre Störmanöver im Nahen Osten ein. Oder die USA zögen die wirtschaftlichen Daumenschrauben so an, dass der Regierungsapparat zusammenbreche. Jeder Satz Pompeos ist eine Kampfansage, es riecht nach einer Politik, die den Regime-Wechsel notfalls erzwingen will. „Wir werden nie dagewesenen finanziellen Druck ausüben, es wird die schärfsten Sanktionen in der Geschichte geben“, droht Pompeo.

Einen diplomatischen Spielraum für die EU lässt der Außenminister nicht. „Wir werden diejenigen Unternehmen, die verbotene Geschäfte mit dem Iran machen, zur Verantwortung ziehen“, so Pompeo. Die erhofften Ausnahmen für europäische Firmen kann sich die EU wohl abschminken.

Der Iran reagiert betont gelassen. „Was Pompeo sagt, zeigt, dass die Amerikaner versuchen, einen Konflikt zu provozieren“, sagt der Sprecher des außenpolitischen Ausschusses im Parlament am Abend in Teheran. Der Iran solle die Vorschläge der EU für die Rettung des Atomabkommens abwarten.

Auch beim G20-Außenministertreffen der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer am Montag in Buenos Aires sorgt das Thema für Wirbel. Außenminister Heiko Maas wird immer wieder gefragt, wie es denn nun stehe um die Mission „Donald Trump die Stirn bieten“. Dass die Europäer gegenüber dem Wie-klopfe-ich-die-Mullahs-weich-Kurs des amerikanischen Präsidenten nicht einknicken wollen, macht Maas bereits am Vorabend des G20-Gipfels deutlich. Die ganze Europäische Union vertrete die Auffassung, dass die Vereinbarung mit Teheran ein „Mehr an Sicherheit“ biete. „Sie aufzugeben bedeutet, sich in eine völlig ungewisse Zukunft zu begeben, was die Frage der Nuklearwaffen im Iran angeht“, betont der deutsche Chefdiplomat. Maas klingt entschlossen, aber nicht provokativ. Dabei hatte es in der EU durchaus Diskussionen gegeben, ob es nicht besser wäre, dem „chinesischen Modell“ zu folgen. Also: Bei Trumps Drohungen zunächst verbal gegenhalten und später Zugeständnisse machen.

An diesem Mittwoch hofft Maas Aufschluss über die weiteren US-Pläne zum Iran-Abkommen sowie über die drohenden Strafzölle auf Stahl und Aluminium zu erhalten – hier will Trump bis zum 1. Juni die Hängepartie beenden und eine Entscheidung treffen. Am Nachmittag wird Maas Pompeo bei seinem Antrittsbesuch in Washington treffen. Die bisherigen Kontakte werden im deutschen Lager als konstruktiv bezeichnet. Ob das nach der Rede des US-Außenministers vom Montag noch gilt, ist die große Frage.