Rom.

Erst der Koalitionsvertrag für eine „Regierung des Wandels“, dann das Kabinett unter Leitung eines Statthalters: In Italien haben sich die populistischen Parteien Lega und Fünf-Sterne-Bewegung zweieinhalb Monate nach den Parlamentswahlen auf einen neutralen Jura-Professor als Ministerpräsidenten geeinigt. Wenn Staatspräsident Sergio Mattarella ihren Kandidaten, den in Rom und Florenz lehrenden Giuseppe Conte, mit der Bildung einer Regierung beauftragt, könnte das Bündnis aus Rechtspopulisten der ehemaligen Lega Nord und der Anti-System-Partei der Fünf Sterne bald Wirklichkeit werden.

Der Präsident ernennt als Hüter der italienischen Verfassung den Ministerpräsidenten und die Minister. Diese müssen sich anschließend in beiden Parlamentskammern der Vertrauensfrage stellen. Sollte der 54-jährige Conte zum Ministerpräsidenten ernannt werden, wäre er in der langen Liste italienischer Regierungschefs einer der wenigen, die nicht ins Parlament gewählt wurden. Der Anwalt und Professor, der von Studenten für seine gut verständlichen Vorlesungen gewürdigt wird, hat für die Fünf-Sterne-Bewegung Pläne zur Lichtung des bürokratischen Wirrwarrs entwickelt – es gilt als eines der Hindernisse für wirtschaftliche Entwicklung.

Matteo Salvini von der Lega und Luigi Di Maio von den Fünf Sternen verzichteten nach zähen Verhandlungen auf den Posten des Regierungschefs. Salvini will nun als Innenminister schnellere Abschiebungen durchsetzen, um die Einwanderung einzugrenzen. Und Di Maio könnte als „Superminister“ für Arbeit und Wirtschaftsentwicklung sein wichtigstes Wahlversprechen anpacken und eine Grundsicherung einführen.

In Brüssel sorgte bereits das am Wochenende von den Anhängern beider Parteien gebilligte Regierungsprogramm für Stirnrunzeln. Darin fordern Lega und Fünf Sterne eine Neuverhandlung der Europäischen Verträge und öffentliche Investitionen zum Ankurbeln der Wirtschaft – auch unter Aufnahme neuer Schulden. Wie die zusätzlichen Kosten gedeckt werden könnten, steht nicht im Koalitionsvertrag.