Brüssel.

Der iranische Außenminister Dschawad Sarif zeigte sich zufrieden: Bei den Bemühungen, das Atomabkommen zu erhalten, seien Iran und die EU auf einem guten Weg, sagte Sarif am Dienstagabend nach einem EU-Iran- Atomgipfel in Brüssel. Und auch die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sprach von einem „positiven Treffen“ und „sehr konstruktiven Beratungen“. Gut zwei Stunden hatten Sarif, Mogherini und die Außenminister von Deutschland, Frankreich und Großbritannien erörtert, wie das Atomabkommen nach dem Ausstieg der USA zu retten sei.

Signale der Zuversicht hatte es schon tagsüber in Vorgesprächen gegeben, diese Einschätzung wurde am Abend bekräftigt: Beide Seiten seien entschlossen, das Atomabkommen in allen Teilen zu erhalten und umzusetzen, versicherte Mogherini. Wie das praktisch aussehen kann, sollen Expertengruppen in den nächsten vier Wochen erörtern – beraten werden soll über eine Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Iran und Europa, über die weitere Sicherstellung des für Teheran besonders wichtigen iranischen Ölexports bis hin zur Klärung der künftigen Bankgeschäfte, dem Schutz europäischer Unternehmen vor Sanktionen und der Bereitstellung von europäischen Exportkrediten. Das Treffen sei ein guter Start gewesen, erklärte der iranische Außenminister. Viel werde nun davon abhängen, was in den nächsten Wochen erreicht werden könne.

Kann das Abkommen also doch am Leben gehalten werden? Am guten Willen fehlt es jedenfalls nicht. Am Mittwochabend wollen auch die EU-Regierungschefs bei einem Treffen in Sofia unmissverständlich ihre Entschlossenheit demonstrieren. Die Gipfel-Botschaft fasste Ratspräsident Donald Tusk vorab so zusammen: Solange der Iran seinen Verpflichtungen nachkomme – was vor allem den Verzicht auf die Produktion von kernwaffenfähigem Uran bedeutet –, solange werde die EU den Deal ebenfalls einhalten. Daran, so Tusk, dürfe kein Zweifel gelassen werden.

Im Zentrum der europäischen Bemühungen steht jetzt die Forderung Irans nach Garantien, dass die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Europa und Iran erhalten bleiben, Teheran von den vereinbarten Sanktionserleichterungen weiter profitiert – trotz der US-Drohungen, neue Sanktionen gegen westliche Unternehmen zu verhängen, die auch künftig im Iran aktiv sind.

Wie die Garantien in der Praxis aussehen können, ist offen. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker soll den Regierungschefs in Sofia Überlegungen dazu vorstellen. Im Gespräch ist eine Unterstützung betroffener Firmen mit Geldern oder Ausfallbürgschaften. Dass dies große Konzerne mit Niederlassungen in den USA davon abhalten würde, sich dem amerikanischen Druck zu beugen, bezweifeln Experten. Deshalb wird auch überlegt, europäischen Unternehmen unter Strafe zu verbieten, sich an US-Sanktionen gegen den Iran zu halten; Vorbild wäre ein Gesetz, das 1996 im Streit um Sanktionen gegen Kuba, Iran und Libyen erlassen worden war.

„Dies ist eine der Optionen“, heißt es in Kommissionskreisen. Auch der EU-Außenexperte David McAllister hält eine solche Aktivierung des „Blocking Statute“ für denkbar, ebenso wie die Ausweitung des Mandats der Europäischen Investitionsbank. „Jetzt gilt es, der Regierung in Teheran eine Perspektive aufzuzeigen, dass es auch für den Iran Sinn macht, trotz des Rückzugs der USA am Abkommen festzuhalten“, sagte der Chef des Auswärtigen Ausschusses des EU-Parlaments dieser Zeitung.

Eine bessere friedliche Lösung zur Vermeidung einer nuklearen Aufrüstung des Iran als das Abkommen gebe es derzeit nicht. Mogherini rief die EU-Mitgliedsstaaten dazu auf, auch auf nationaler Ebene Schutzmaßnahmen für Unternehmen im Irangeschäft zu prüfen. Die EU-Kommission will bereits am Mittwoch über weitere Schritte beraten.