Rom. Die Wahlgewinner wollen sich zu einer Koalition zusammenraufen. Doch ihre Positionen sind an vielen Stellen weit auseinander

Zwei Monate nach den Parlamentswahlen in Italien bereiten sich die beiden Gewinner auf eine Regierungskoalition vor, in der extreme Positionen miteinander ausgesöhnt und in Einklang mit internationalen Verpflichtungen gebracht werden sollen. Der Koalitionsvertrag werde eine „Vereinigung von zwei nicht immer miteinander vereinbaren Programmen“ sein, versichert Luigi Di Maio. Der 31-jährige Chef der Anti-Establishment-Partei Fünf-Sterne-Bewegung schürt ebenso wie sein künftiger Koalitionspartner Matteo Salvini von der Lega Weltuntergangsstimmung. Die Lösungskonzepte der beiden klangen bislang zwar gleichermaßen schrill, gingen aber in unterschiedliche Richtungen. Beide Parteien halten das traditionelle politische System für überholt. Nun bemühen sie sich, als künftige Amtsträger aus den Institutionen heraus die Verlustängste ihrer Wähler zu dämpfen.

Staatspräsident Sergio Mattarella gewährt ihnen nun zwar mehr Zeit für eine Einigung. Kabinett und Regierungsprogramm müssten jedoch europäische Rahmenbedingungen respektieren, mahnt er: „Keine der großen Herausforderungen, denen Europa heute gegenübersteht, kann von einem Land allein bewältigt werden.“ Ohne seine Zustimmung kann es keine Regierungsbildung geben.

Bis zum Sonntag wollen Di Maio und der 14 Jahre ältere Salvini ­Mattarella eine gemeinsame Kabinettsliste vorlegen. Beide wollen auf das Amt des Ministerpräsidenten verzichten. Gesucht wird nach einer neutralen Persönlichkeit, während Di Maio und Salvini das Außen- ­beziehungsweise das Innenministerium erhalten könnten.

Inhaltlich bemühen sich Di Maio und Salvini um die Quadratur des Kreises. Für die Fünf-Sterne-Bewegung ist die Einführung des im Wahlkampf versprochenen Grundeinkommens unerlässlich. Die Lega könnte es als soziale Stütze für Arbeitslose akzeptieren, wenn es zeitlich begrenzt wird und der Anspruch darauf nach drei abgelehnten Jobangeboten erlischt. Der von der Lega geforderte einheitliche Steuersatz von 15 Prozent gilt wegen der ebenfalls hohen Kosten und der Unternehmer als Zielgruppe als kaum vereinbar mit den Forderungen der Fünf-Sterne-Bewegung. Wenn ein Weg gefunden werde, mit dem die Maßnahme nicht nur die Reichen entlaste, könnte die vor ­allem im Süden starke Fünf-Sterne-Bewegung sie dennoch mittragen, heißt es.

Mit unterschiedlichen Akzenten nährten bislang beide Parteien die Angst vor Migranten. Während die Lega eher rassistische Töne ­anschlug, bediente Di Maio eher die Angst vor der Billigkonkurrenz auf dem Arbeitsmarkt. Wirksamere Rückführungen abgelehnter Asyl­bewerber und eine Stärkung der Grenzkontrollen sind im Sinne beider Wählergruppen.