Berlin.

Kiffende Radfahrer, Autofahrer mit Amphetaminen im Blut, Pendler, die sich mit Aufputschmitteln wachhalten: Die Zahl der Unfälle, bei denen der Hauptschuldige illegale Drogen genommen hatte, hat sich in den vergangenen zehn Jahren fast verdreifacht. Während die Zahl der alkoholbedingten Fälle abnahm, sind heute bereits bei knapp jedem zehnten rauschbedingten Unfall Cannabis, Heroin, Speed, Ecstasy oder andere Amphetamine im Spiel.

Alkohol ist nach wie vor die größte Gefahr im Straßenverkehr. Doch die Unfallzahlen sinken – nicht zuletzt durch die Absenkung der Promillegrenze von 0,8 auf 0,5: Zwischen 2007 und 2016 ging die Zahl der Unfälle durch Alkohol am Steuer von rund 47.600 auf 32.700 zurück. Die Summe der Unfälle dagegen, bei denen der Hauptschuldige illegale Drogen im Blut hatte, stieg im gleichen Zeitraum von rund 1170 auf gut 3200 Fälle an. Auch die Zahl der Fahrverbote wegen Drogen­konsums ist deutlich angestiegen: Mussten 2007 rund 24.300 Fahrer den Führerschein abgeben, waren es 2016 bereits rund 32.400. Das geht aus einer Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine Anfrage der FDP-Fraktion hervor, die dieser Redaktion exklusiv vorlag.

Bei den Unfällen unter Drogeneinfluss machen Autofahrer den größten Anteil aus – hier stiegen die Zahlen von rund 950 Fällen auf fast 2700 Fälle. Bei Lkw-Fahrern hat sich die Zahl immerhin verdoppelt – von 21 auf 45 registrierte Fälle. Bei Motorradfahrern stieg die Zahl von 25 auf 72, bei Radfahrern von 59 auf 163. Bei Busfahrern und Fußgängern dagegen zeigt die Statistik keinen eindeutigen Trend. Auch die Zahl der Todesopfer durch Unfälle, bei denen illegale Drogen im Spiel waren, schwankt in den letzten zehn Jahren zwischen 17 und 26 Fällen pro Jahr.

Experten vermuten, dass die steigenden Zahlen vor allem an der Veränderung der Kontrollen liegen. „Die Screening-Methoden haben sich verbessert“, erläutert Simone Klipp von der Bundesanstalt für Straßenwesen. Drogen sind heute am Unfallort viel leichter nachweisbar. Fällt der Alkoholtest negativ aus, verhält sich der Fahrer aber dennoch auffällig, kann die Polizei direkt an der Unfallstelle mit einfachen Methoden feststellen, ob und welche Drogen im Spiel sind: über die Kontrolle der Pupillenreaktion und über einen Speicheltest, der im mobilen Analysegerät direkt ausgewertet wird. Auch Schweiß- oder Urintests sind möglich. Ist der Test positiv, muss für einen gerichtsfesten Nachweis ­allerdings noch ein Bluttest gemacht werden.

Finden die Behörden im Blut Spuren von Cannabis, Heroin, Morphin, Kokain oder synthetischen Amphetaminen wie Speed, Ecstasy oder Crystal Meth liegt mindestens eine Ordnungswidrigkeit vor. Einen Toleranzbereich wie beim Alkohol gibt es nicht. Eine Ausnahme besteht bei Cannabis, doch hier liegt die Toleranzgrenze mit einem Nanogramm extrem niedrig.

Per Schnelltest nicht nachweisbar ist dagegen die Vielzahl neuer psychoaktiver Substanzen. Experten sehen zudem mit Sorge, dass illegale Drogen immer leichter verfügbar sind – und die staatliche Kontrolle angesichts der ­rasanten Entwicklung immer neuer synthetischer Mischungen kaum Schritt halten kann.

Wieland Schinnenburg, drogenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, hält die Entwicklung bei den Unfallzahlen für ein „Desaster“: „Während die Folgen des Alkoholkonsums für den Straßenverkehr zum Glück zurückgehen, steigen die der sonstigen Drogen zum Teil drastisch an.“ Die Bundesregierung müsse ihre Drogenpolitik ändern, fordert der FDP-Politiker. Dazu gehöre unter anderem eine effektivere Aufklärungsarbeit.