Washington/Brüssel/Berlin .

Der Ausstieg von US-Präsident Donald Trump aus dem Atomabkommen mit dem Iran sorgt weltweit für Unruhe. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärte, sie sehe Deutschland dem Abkommen verpflichtet. Die EU will an dem Deal festhalten und riskiert damit Sanktionen der Amerikaner.


Was verspricht sich die US-Regierung
vom Ausstieg?

Die Motive von US-Präsident Donald Trump sind zum einen innenpolitisch zu suchen. Die Zwischenwahlen im Kongress nahen, Stammwähler müssen mobilisiert werden, denn die Umfragewerte für Trump und die Republikaner sind schlecht. Zum anderen wollen Trump und seine neuen Top-Leute John Bolton (Sicherheitsberater) und Mike Pompeo (Außenminister) den Iran auf der Weltbühne als zentralen Bösewicht ausgrenzen. Sie lassen sogar Sympathie für einen Regime-Wechsel in Teheran erkennen. Gleichzeitig setzt Trump darauf, die jetzige Führung mit einem Mix aus Drohungen und harten Sanktionen zurück an den Verhandlungstisch zu zwingen, um ein ganz neues Atomabkommen auszuhandeln. Noch am Donnerstag hat die US-Regierung Sanktionen gegen Mittelsmänner des iranischen Regimes und der Zentralbank verhängt, um die Geldversorgung der Revolutionsgarden zu beschränken. Ab 6. August sollen weitere Maßnahmen greifen. Ab dann darf der Iran nicht mehr unbegrenzt US-Dollar kaufen. Auch die Stahl-, Kohle- und Autoindustrie wird mit Export-Hemmnissen belegt. Die nächste Stufe setzt ab 4. November ein und trifft den für Teheran wichtigen Bereich Öl und Gas. Ob auch europäischen Firmen, die mit dem Iran weiter Handel treiben, Strafen drohen, ist von Trump angedeutet worden, Einzelheiten sind aber noch unklar.


Wie will die EU ihre Unternehmen
schützen?

Die EU wird so lange an dem Abkommen festhalten, wie der Iran seine Verpflichtungen weiter erfüllt. Der Vertrag funktioniere, er sei entscheidend für die Sicherheit der Nahost-Region und zentral für Bemühungen, die Weiterverbreitung von Atomwaffen zu verhindern, erklärte die Außenbeauftragte Federica Mogherini. Seit Wochen arbeiten EU-Diplomaten an einer Lösung, wie sich das Abkommen erhalten lässt. Für Montag ist ein Treffen der Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens mit Vertretern des Irans geplant. EU-Diplomaten suchen nach Wegen, wie europäische Unternehmen, die am Irangeschäft festhalten, vor den Folgen neuer US-Sanktionen geschützt werden können. Im Gespräch sind eine Unterstützung von betroffenen Firmen mit Geldern der Europäischen Investitionsbank oder andere Hilfen aus EU-Töpfen. Ob dies die Risiken für Betriebe abfangen kann, ist offen. Vor allem große Konzerne mit Niederlassungen in den USA dürften sich dem amerikanischen Druck wohl beugen, heißt es. Daher wäre es eine Option, europäischen Unternehmen unter Strafe zu verbieten, sich an US-Sanktionen gegen den Iran zu halten; Vorbild wäre ein Gesetz, das 1996 im Streit um Sanktionen gegen Kuba, Iran und Libyen erlassen worden war.

Bangen müssen auch Unternehmen wie Airbus. Der Flugzeughersteller hat – ebenso wie die amerikanische Konkurrenz Boeing – Aufträge aus dem Iran in Milliarden­höhe. Ob Airbus diese erfüllen kann, hängt jedoch von einer Genehmigung aus Washington ab. US-Finanzminister Steve Mnuchin hat bereits angekündigt, die entsprechenden Lizenzen würden zurückgezogen.


Werden im Iran jetzt die Hardliner
gestärkt?

Der oberste iranische Führer, Ajatollah Ali Chamenei, hat mit einem Ausstieg aus dem Atom-Deal gedroht, sollten die Europäer dem Beispiel der Amerikaner folgen. „Es besteht keinerlei Logik, in dem Abkommen zu bleiben, wenn uns das EU-Trio dessen Umsetzung nicht versichert“, sagte Ali Chamenei, der in allen strategischen Entscheidungen das letzte Wort hat. Sollten die Verhandlungen mit Frankreich, Großbritannien und Deutschland scheitern, werde der Iran sein Atomprogramm und die Urananreicherung wieder unbegrenzt aufnehmen, warnte Präsident Hassan Rohani. Der gemäßigte Geistliche gilt als Reformer im Regierungsapparat. Er hatte für das Atomabkommen geworben und der Bevölkerung mehr Wohlstand und mehr Freiheiten versprochen. Die US-Sanktionen werden zur Folge haben, dass viele Iraner den Gürtel enger schnallen müssen. Dadurch gerät Rohani unter Druck. Die Hardliner, die von Anfang an gegen den Atom-Deal waren, bekommen Oberwasser.

Wie groß ist die Sorge in der
deutschen Wirtschaft?

Die deutsche Wirtschaft hofft auf Rückendeckung für Geschäfte mit dem Iran: Der Industrieverband BDI und der DIHK appellierten an Bundesregierung und EU, den europäischen Handel mit Iran zu schützen. Der deutsch-iranische Handel ist allerdings überschaubar – auch wenn er nach der Lockerung der Sanktionen 2015 zugenommen hatte. 2017 hatte er ein Volumen von 3,4 Milliarden Euro erreicht.