Berlin.

Bereits in wenigen Wochen will Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) einen „Masterplan“ vorlegen, um die Migration zu steuern und zu begrenzen. Der Clou: die „Anker“-Zen-tren. Dort sollen die ankommenden Flüchtlinge registriert und ihr Status geklärt werden, bevor sie auf die Kommunen verteilt oder in sichere Drittstaaten sowie in ihre Herkunftsländer zurückgeführt werden. Der Vorfall in Ellwangen hat Seehofer allerdings die Abschiebe-Realität drastisch vor Augen geführt.

Was sich im Ländle ereignet hat, kann erst recht in „Anker“-Zentren mit bis zu 1500 Personen passieren, dreimal mehr als in Ellwangen. Wo so viele Menschen auf engsten Raum gedrängt werden, da sind Konflikte und Gewalt nahezu unvermeidlich, auch gegen die Staatsgewalt, wenn sich Migranten mit ausreisepflichtigen Asylbewerbern solidarisieren. Das könnte künftig häufiger der Fall sein, wenn Seehofer auch seinen Plan durchsetzt, Marokko, Tunesien, Algerien und Georgien zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären, um schneller dorthin abschieben zu können. Jeder Abschiebe-Bescheid erzeugt Frust. Wer keine Bleibeperspektive hat, verliert jede Hoffnung, hat wenig zu verlieren, die Rücksichtnahme geht zurück und das Aggressionsrisiko steigt.

Die Sicherheit – in den Flüchtlingsheimen wie für die ortsansässigen Bewohner – ist der kritische Punkt in Seehofers „Masterplan“. Er weiß das und möchte „nicht mit dem Vorwurf leben“, er lasse die Länder beim Thema Sicherheit allein. Deswegen bot er ihnen am Donnerstag auch die Bundespolizei als Hilfe an. Doch die Probleme wachsen mit der Größe solcher Lager, glaubt der Vizechef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jörg Radek. „Auch die Ängste der Menschen dort wachsen und schaukeln sich auf“, gibt er zu bedenken. Menschen aus solchen Großlagern heraus abschieben zu wollen, „schafft deutlich mehr Probleme, als es vorgibt, zu lösen“, sagte er unserer Zeitung. Er befürchtet, dass in den „Anker“-Zentren ein „erhebliches Aggressions- und Gefährdungspotential“ heranwachsen wird.

Was in Ellwangen passiert ist, gibt auch Seehofer zu denken. Einen „Schlag ins Gesichts der rechtstreuen Bevölkerung“ nennt er die Bedrohung der Polizei. Der „Passauer Neuen Presse“ sagte er, „wir müssen für die Menschen, die kein Bleiberecht haben, die Regeln verschärfen, damit sie in ihre Heimat zurückkehren“. Kein Geld, nur Sachleistungen. Hilfen gibt es für zwei Gruppen: Integrationsangebote für alle, die bleiben dürfen, Rückkehrprämien für diejenigen, die freiwillig die Heimreise antreten, nicht abgeschoben werden müssen.

Fünf bis sechs „Anker“-Zentren plant Seehofer in diesem Jahr, probeweise für sechs Monate. Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen wollen bei den Pilotprojekten dabei sein. Die meisten Bundesländer sind skeptisch, speziell die sozialdemokratisch geführten. Die Gewerksschaft der Polizei läuft Sturm. Sie will nicht, dass die Bundespolizei zur Lagerpolizei gemacht wird.

Auch mit Teilen der Bevölkerung hadert der Minister, genauer gesagt: mit „falscher Solidarität“. Grotesk sei, dass Abschiebungen nach Afghanistan nicht mehr ohne Proteste möglich seien. „Dabei schieben wir im Moment nur Straftäter, Gefährder und Mitwirkungsverweigerer nach Afghanistan ab.“ Ihm fehle jedes Verständnis für die Proteste.