Washington. Bundesfinanzminister hofft auf dauerhafte Ausnahmen von US-Strafzöllen und betont in Washington die Bedeutung des freien Welthandels

Eine Torte gab es nicht, auch zunächst kein Geschenk. Dafür bekam Jens Weidmann von Olaf Scholz einen besonders festen Händedruck und ein „Happy Birthday, Mr. Bundesbankpräsident“. Weidmann feierte am Freitag seinen 50. Geburtstag und sagte, er könne „sich keinen schöneren Ort“ dafür vorstellen als einen Konferenzraum im Keller eines Hotels in Washington.

Es war Weidmanns erster Auftritt mit Scholz, dem neuen Bundesfinanzminister. Im Rahmen der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) geben Minister und Notenbankchef stets eine Pressekonferenz. Und nach allem, was zu beobachten war, verstehen beide sich gut. Jedenfalls pflegen sie eine trockene Form des Humors.

Auch inhaltlich gab es Übereinstimmungen: Beide finden, dass die 46 Milliarden Euro, die die große Koalition bis zur nächsten Wahl ausgeben will, sehr viel Geld sind. In einer Phase der Hochkonjunktur sei das eigentlich nicht zu empfehlen, sagte Weidmann. Aber die älter werdende Gesellschaft in Deutschland dämpfe das Wachstum. Scholz ­sagte, dass aktuell sogar das Einhalten der schwarzen Null bedeute, dass der Staat mit seinen Ausgaben die Wirtschaft zusätzlich befeuere.

Einigkeit herrschte auch bei der Beurteilung der Idee des IWF für einen neuen großen Geldtopf für die nächste Krise in der Eurozone. „Ich finde den Vorschlag nicht überzeuend und frage mich, ob er nicht von drängenderen Problemen ablenkt“, sagte Weidmann. Scholz fügte hinzu, der Vorschlag, den IWF-Chefin Christine Lagarde kürzlich in Berlin präsentiert hatte, sei „nicht der, den man wählen sollte“.

Es sei aber richtig, für die nächste Finanz- und Wirtschaftskrise gewappnet zu sein. Die Bundesregierung wolle deshalb den Euro-Rettungsschirm ESM zu einem Europäischen Währungsfonds umbauen. Scholz kündigte für die deutsche Regierung an: „Wir werden mit eigenen Vorschlägen in die Gespräche mit anderen gehen.“ Wann er diese Vorschläge vorlegen will und wie sie aussehen könnten, sagte er jedoch erneut nicht.

Das dominierende Thema in Washington war der Handelskrieg, auf den US-Präsident Donald Trump mit den Strafzöllen auf bestimmte ausländische Produkte, darunter Stahl und Aluminium, zusteuert. Damit wollen die USA die einheimische Industrie schützen, die unter der Preiskonkurrenz vor allem aus China leidet. Scholz sagte, er habe allen amerikanischen Gesprächspartnern die Notwendigkeit eines „regelbasierten, freien Welthandels“ zu verdeutlichen versucht.

Am Donnerstag hatte Scholz dafür US-Vizepräsident Mike Pence im Weißen Haus getroffen. Am Freitag wollte er mit seinem amerikanischen Kollegen Steven Mnuchin reden. „Es gibt Mittel und Wege, um eine Eskalation noch zu vermeiden“, sagte Scholz. Die amerikanische Seite scheine inzwischen verstanden zu haben, dass sie mit der gesamten EU verhandele und nicht mit einzelnen Ländern. Dazu, ob die für Europa nur bis zum 1. Mai geltenden Ausnahmen von den Strafzöllen verlängert werden, wollte Scholz keine Prognose geben: „Da der 1. Mai bald ist, sind alle sehr hinterher, dass es diese Ausnahme dauerhaft gibt.“ Die Bundesregierung pocht vor der Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel nach ­Washington auf weitere Handelsgespräche zwischen der EU und den USA. Merkel trifft am 27. April US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus, es wird ihr zweiter Besuch nach der Amtsübernahme Trumps sein. „Aus unserer Sicht ist es wichtig, dass es weitere Gespräche der EU mit den USA gibt“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Die US-Zölle seien nicht berechtigt. Merkel trete für einen fairen und multilateralen Handel ein und gegen Protektionismus. Im Falle einer „Spirale“ von Handelsstreitigkeiten würden alle Seiten verlieren. Mit Blick auf neue US-Sanktionen gegen Russland sagte Seibert, dass die Bundesregierung auf allen Arbeitsebenen betonen werde, wo Interessen deutscher Firmen berührt seien und wo man unerwünschte Effekte fürchte.

Es gab dann übrigens doch noch ein Geschenk für Weidmann: Scholz ­überreichte ihm ein rotes Trikot der Eishockeymannschaft Washington Capitals, Rückennummer 50. Auf die Bemerkung von Weidmann, das Kleidungsstück sei ja etwas groß geraten, konterte Scholz: „Da können sie ja noch reinwachsen.“