Madrid .

Der Fall des katalanischen Separatistenchefs Carles Puigdemont sorgt seit Tagen für Ärger zwischen Deutschland und Spanien. Vor allem weil Spaniens Justiz glaubt, dass Schleswig-Holsteins Oberlandesgericht (OLG) im Auslieferungsstreit nicht korrekt und entsprechend der EU-Regeln handelt. Nun bekommt das Misstrauen der Spanier neue Nahrung: Die 16-seitige Begründung des OLG-Beschlusses, der dieser Zeitung vorliegt, enthält einen Fehler. Und zwar einen gravierenden Schnitzer mit einem Tatdatum, was darauf schließen lässt, dass der OLG-Strafsenat nicht mit der nötigen Sorgfalt gearbeitet hat.

Das Gericht hätte bis zu 60 Tage Zeit gehabt, aber nur zwei Tage nachdem die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein am 3. April die Überstellung Puigdemonts an Spanien für zulässig erklärte und einen Auslieferungshaftbefehl beantragte, fiel die Entscheidung: Die Richter erklärten eine Auslieferung wegen des Vorwurfs der Rebellion für unzulässig. Und sie äußerten zugleich Zweifel am Vorwurf der Veruntreuung, dem zweiten Auslieferungsgrund – wenn überhaupt, könne Puigdemont nur noch wegen Untreue an Spanien ausgeliefert werden.

Doch in Sachen Veruntreuung unterlief der Strafkammer in ihrem Beschluss ein Irrtum: Bei der mutmaßlichen Zweckentfremdung öffentlicher Mittel durch Puigdemont setzten sie ein falsches Datum fest. Laut OLG bewilligte Puigdemonts katalanische Separatistenregierung am 31. Oktober 2017 die Erstellung von Wahlmaterialien und Wählerlisten für das illegale Unabhängigkeitsreferendum, für das nach spanischen Ermittlungen 1,6 Millionen Euro Steuergelder ausgegeben wurden. In Wirklichkeit beschloss die ­Puigdemont-Regierung dies jedoch schon am 7. September, wie aus den spanischen Ermittlungsunterlagen hervorgeht.

Der Fehler hätte eigentlich jedem der drei Strafkammer-Richter, die den OLG-Beschluss unterschrieben, auffallen müssen. Denn das Unabhängigkeits-Referendum fand bereits am 1. Oktober 2017 statt. Am vom Gericht angeführten Datum, dem 31. Oktober, war die Puigdemont-Regierung schon nicht mehr im Amt, weil sie am 27. Oktober durch Spaniens Staatsregierung per Dekret abgesetzt worden war.

Die Sprecherin des OLG, Frauke Holmer, wollte dem Irrtum gegenüber dieser Zeitung keine größere Bedeutung beimessen und sprach von einem „offensichtlichen Schreibfehler“, der am Mittwoch korrigiert worden sei. Sie betonte, dass dieser Fehler „auf die Entscheidung des Senats keinen Einfluss hatte“.

Liest man die OLG-Begründung, kann man auch zu anderer Auffassung kommen. Denn dort zweifeln die Richter, ob die Referendumskosten „nach Absetzung der Regionalregierung“ wirklich noch aus Steuergeldern oder vielleicht doch aus privaten Spenden bezahlt wurden. Das liest sich fast so, als ob das OLG durcheinandergekommen sein könnte und irrtümlich davon ausgeht, dass die Puigdemont-Regierung erst am 31. Oktober über die Herstellung der Wahlmaterialien entschieden habe. Oberstaatsanwältin Wiebke Hoffelner, Sprecherin der Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holsteins, die das OLG ebenfalls auf diese Fehlleistung aufmerksam gemacht hatte, äußerte gegenüber dieser Zeitung „Unverständnis“.