Schleswig/Madrid.

Carles Puigdemont kann aufatmen – erst einmal. Der katalanische Separatistenchef kann in Freiheit abwarten, wie über das Auslieferungsgesuch der spanischen Justiz entschieden wird. Das schleswig-holsteinische Oberlandesgericht (OLG) setzte den Vollzug des entsprechenden Haftbefehls für Puigdemont am Donnerstagabend unter Auflagen aus. Unter anderem muss er 75.000 Euro Sicherheitsleistung zahlen und darf Deutschland nicht verlassen.

Die katalanische Unabhängigkeitsbewegung feierte die angeordnete Freilassung des früheren katalanischen Ministerpräsidenten, dem von Spaniens Justiz vorgeworfen wird, auf ungesetzliche Weise die Unabhängigkeit Kataloniens angestrebt zu haben. „Es scheint so, als ob es in Europa doch noch Gerechtigkeit gibt“, sagte Marcel Mauri, Vizechef der katalanischen Unabhängigkeitsplattform Òmnium Cultural.

Die deutsche Justiz wird Puigdemont auch nicht wegen des Vorwurfs der Rebellion ausliefern. Der I. Strafsenat des OLG schränkte die Überstellung Puigdemonts an Spaniens Obersten Gerichtshof ein. Die Richter kamen zu der Auffassung, dass der spanische Straftatbestand der Rebellion nicht in Betracht kommt. Der im deutschen Recht vergleichbare Straftatbestand des Hochverrats sei nicht erfüllt, „weil es an dem Merkmal der Gewalt fehle“.

Das Gericht verlangt noch weitere Informationen

Das OLG verwies auf Grundsätze, die der Bundesgerichtshof in einem vergleichbaren Fall aufgestellt hatte: Für den Gewaltbegriff reicht es demnach nicht aus, „dass ein Täter Gewalt androht oder anwendet, um ein Verfassungsorgan zu einem erstrebten Handeln zu veranlassen“.

Hinsichtlich des von Spanien erhobenen Vorwurfs der „Korruption“ in Form von Veruntreuung öffentlichen Geldes sieht das Gericht die Lage anders. Hier erscheine die Auslieferung „nicht von vornherein unzulässig“. Wie das Oberlandesgericht am Donnerstagabend mitteilte, seien hinsichtlich dieser Beschuldigung aber „noch weitere tatsächliche Umstände zu klären und weitere Informationen einzuholen“.

Im Zuge des Auslieferungsverfahrens mussten die Oberlandesrichter in Schleswig über die Rechtmäßigkeit des spanischen Gesuchs entscheiden. Dabei geht es nicht um eine Prüfung, ob die gegen Puigdemont erhobenen Vorwürfe zutreffend sind. Sondern nur darum, ob die vorgeworfenen Taten der Rebellion und der Veruntreuung nach dem deutschen Recht strafbar sind. Nach Meinung des Generalstaatsanwalts Schleswig-Holsteins traf dies in beiden Fällen zu. Das OLG folgte dieser Einschätzung nun nur in Sachen Veruntreuung.

Die Richter wiesen die Behauptung Puigdemonts und seiner Anwälte zurück, der Separatistenchef könnte der Gefahr politischer Verfolgung ausgesetzt sein. Anhaltspunkte dafür sind nach Meinung des Schleswig-Holsteinischen Strafsenats „nicht ersichtlich“.

Die vorläufige Freilassung Puigdemonts begründete das OLG damit, dass nach dem Wegfall des Auslieferungsgrundes Rebellion die Fluchtgefahr deutlich geringer sei. Deswegen reichten „weniger einschneidende Maßnahmen als der Vollzug der Auslieferungshaft zur Sicherung des Auslieferungsverfahrens aus“.

Für Spaniens Justiz bedeutet die Entscheidung der Schleswiger Richter, dass Puigdemont nicht wegen des schweren Vorwurfs der Rebellion vor Gericht gestellt werden kann. Im Falle einer Verurteilung können dafür bis zu 30 Jahre Haft verhängt werden. Sollte das OLG endgültig einer Auslieferung wegen des Vorwurfs der Korruption in Form von Veruntreuung zustimmen, dürfte dem Separatistenführer nur wegen dieses Vorwurfs der Prozess gemacht werden.

Puigdemont war seit Ende Oktober auf der Flucht. Die spanische Justiz hatte ihn mit Europäischem Haftbefehl suchen lassen. Der Separatistenführer war zuletzt nach Skandinavien geflüchtet und untergetaucht. Am 25. März hatte die schleswig-holsteinische Polizei ihn auf der Autobahn A7 aufgegriffen.