Jerusalem.

Benjamin Netanjahu spart nicht mit Lob, als er Heiko Maas das erste Mal in seinem Amtssitz begrüßt. Die Aussagen und die Arbeit des Deutschen seien „inspirierend“,„zu Herzen gehend“ und „bewegend“. Mit ausgestreckter Hand ruft er: „Willkommen, Freund!“

Die Worte von Israels Premierminister verfehlen ihre Wirkung nicht: Auf dem Gesicht des deutschen Außenministers erscheint ein verlegenes Lächeln, und er antwortet vorsichtig. Zwar erwähnt Maas das Nuklearabkommen mit dem Iran, das zur Disposition steht, und die Zwei-Staaten-Lösung, die in immer weitere Ferne rückt – aber er wird nicht konkret, sagt zumindest öffentlich nicht, worin die gravierenden Differenzen liegen. Im Gegenteil, der neue Außenminister unterstreicht, dass beide Regierungen „in den Zielvorstellungen nahezu überall übereinstimmen“. Deutschland werde „bei all diesen Fragen immer an der Seite Israels sein.“

Der Kontrast zum letzten Aufeinandertreffen von Amtsvorgänger Sigmar Gabriel und Netanjahu vor zwei Monaten könnte kaum größer sein. Damals unterbrach der eine den anderen, dazu kühles Händeschütteln, ein kurzer gemeinsamer Auftritt, der beim Israeli Unbehagen auszulösen schien. Bei der Begegnung mit Maas dagegen wirkt Netanjahu gelöst, und das obwohl der Premier Grund für schlechte Laune gehabt hätte. Am Morgen wurde er von der israelischen Polizei wegen eines Korruptionsverfahrens gegen ihn vernommen.

Für Heiko Maas lag der Druck bei seiner ersten Israel-Reise als Außenamtschef offenbar vor allem darin, den Worten von seiner Amtseinführung („Ich bin wegen Auschwitz in die Politik gegangen“) Taten folgen zu lassen. Deshalb fuhr er am Sonntag direkt vom Flughafen zur Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, und deshalb trifft er am Montagmorgen Holocaust-Überlebende bei der Hilfsorganisation Amcha in Jerusalem. Dort sagt Maas nun über seine eigenen Ahnen: „Ich habe nach einem Widerstandskämpfer in meiner Familie gesucht, aber keinen gefunden. Es waren alles nur Mitläufer.“ Das sind die Gesten, die Netanjahu zu seinem Lobgesang anregen.

Dazu offenbart Maas auch ein besonderes Verständnis für Israels Sicherheitsbedürfnis, das aus der besonderen Geschichte, aber auch der besonderen Bedrohungslage in der Region erwächst. Wie sehr er Verständnis für palästinensische Positionen aufbringen wird, bleibt abzuwarten. Als Justizminister ist er zwar viermal in Israel, aber nie im Westjordanland gewesen. Immerhin, das Treffen mit Mahmud Abbas in dessen Amtssitz in Ramallah beginnt am Mittag mit einem Geschenk: Es ist der 83. Geburtstag des Palästinenserpräsidenten, von der Bundesregierung bekommt er dazu eine Delikatessen-Box aus der Feinkostabteilung des Berliner KaDeWe.

Ein Friedensprozess ohne Vermittlung der USA sei „schwierig“, erklärt der Deutsche nach dem Treffen und merkt an, ihm würden vor Ort unterschiedliche Lösungsmodelle für den Konflikt präsentiert. „Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass das Selbstbestimmungsrecht der Völker nur in einer Zwei-Staaten-Lösung realisiert werden kann“, sagt Maas, um gleich einzuschränken, dass es dafür ja auch auf beiden Seiten eine gesellschaftliche Mehrheit geben müsse. „Ich stelle hier aber fest, das ist nicht einfacher geworden“, fügt er hinzu.