Brüssel.

Der türkische Präsident, Recep Tayyip Erdogan, muss sich auf eine Enttäuschung gefasst machen: Wenn Erdogan am Montagabend mit den Spitzen der EU im bulgarischen Schwarzmeer-Bad Warna zusammentrifft, werden seine Gastgeber viel weniger im Gepäck haben, als von Erdogan erhofft. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Ratspräsident Donald Tusk werden frühere Zusagen, dass die Türkei im Rahmen des Flüchtlingsabkommens weitere drei Milliarden Euro aus Brüssel erhält, zwar noch einmal bekräftigen. Aber weder bei der von Erdogan geforderten Visafreiheit für Reisen von Türken in die EU noch bei der Ausweitung der Zollunion wird er substanzielle Zusagen erhalten, wie EU-Diplomaten im Vorfeld versichern.

Nicht nur wegen dieser Streitfragen könnte es beim Dinner im Euxinograd, der früheren Sommerresidenz der bulgarischen Zaren, ungemütlich werden. Für das mit zwei Stunden äußerst knapp bemessene Treffen hat die Brüsseler Seite – neben Juncker und Tusk sitzt für die EU der bulgarische Ministerpräsident, Bojko Borissow, am Tisch – schon im Vorfeld einen strengen Ton angeschlagen. Die 28 EU-Regierungschefs hatten der Türkei am Freitag schwere Vorwürfe gemacht – wegen der Inhaftierung von EU-Bürgern und im Zusammenhang mit der Erdgassuche im Mittelmeer, wo sich Ankara mit den EU-Mitgliedern Zypern, Griechenland und Italien anlegt. Das „rechtswidrige Vorgehen“ im östlichen Mittelmeer werde „scharf verurteilt“, erklärten die Regierungschefs. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte zudem, die EU sei besorgt über das türkische Vorgehen in Nordsyrien, das gegen eine UN-Resolution verstoße. Das Außenministerium in Ankara spricht empört von „inakzeptablen Äußerungen“, die ein konstruktives Gespräch verhinderten.

Seit dem gescheiterten Putschversuch im Juli 2016 herrscht in der Türkei Ausnahmezustand, Erdogan führt das Land mit harter Hand, 65.000 angebliche Putsch-Sympathisanten sitzen in Haft. Juncker und Tusk wollen das offen anprangern, Hoffnung auf eine Annäherung macht sich niemand. Die EU-Beitrittsverhandlungen liegen ohnehin praktisch auf Eis. Die Brücke abbrechen möchte aber weder die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten noch Erdogan – jedenfalls möchte niemand die treibende Kraft dafür sein. Und großen Wert legt die EU auf den Fortbestand des vor zwei Jahren ausgehandelten Flüchtlingsabkommens.