Moskau.

Russland bezweifelt, dass der frühere Agent Sergej Skripal in Großbritannien mit einem russischen Kampfstoff vergiftet worden ist. „Jeder respektierte Experte wird Ihnen sagen, dass die Anwendung von Kampfstoffen unvermeidlich zu zahlreichen Opfern am Einsatzort führt“, sagte Wladimir Jermakow, der im Außenministerium für die Rüstungskontrolle zuständig ist. Bei dem Fall in Großbritannien sei dies aber nicht eingetreten, erklärte er am Mittwoch in Moskau.

Die russische Regierung will Einsicht in die Proben vom Tatort bekommen und in die Ermittlungen eingebunden werden. „Laden Sie Russland ein, legen Sie alle Fakten offen. Wir versichern Ihnen, die Wahrheit herauszufinden.“ Sein Land werde die Ergebnisse weiterer Experten-Untersuchungen des in Salisbury gefundenen Kampfstoffs nicht vorbehaltlos anerkennen. Nach Angaben von Jermakow gebe es nur zwei Möglichkeiten. Entweder seien die britischen Behörden unfähig, ihr Territorium gegen Terrorakte wie in Salisbury zu schützen. Oder sie seien direkt oder indirekt an der Regie des Anschlags beteiligt gewesen.

Der russische Ex-Agent Skripal und seine Tochter Julia waren am 4. März bewusstlos aufgefunden worden. Ihr Zustand soll kritisch sein. Die britische Regierung macht Russland für den Anschlag verantwortlich. Angeblich wurden die beiden mit dem in der Sowjetunion entwickelten chemischen Kampfstoff „Nowitschok“ vergiftet.

Die russische Seite gab zumindest indirekt zu, dass das Giftgas „Nowitschok“ existiere und von eigenen Chemikern entwickelt worden sei. Igor Kirillow, der Kommandeur der russischen Streitkräfte für radioaktive, chemische und biologische Abwehr, verwies auf ein 2008 veröffentlichtes Buch des russischen Chemikers Wil Mirsajanow über Moskaus Chemiewaffen-Programm. Darin sei die chemische Formel von „Nowitschok“ enthalten.

Der britische Außenminister Boris Johnson stellte unterdessen Vergleiche zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und Adolf Hitler an. Er schloss sich der Einschätzung eines Labour-Abgeordneten an, Putin werde die Fußball-WM im Sommer in Russland nutzen, „wie Hitler die Olympischen Spiele 1936 nutzte“. Es sei eine „Brechreiz erregende“ Aussicht, dass Putin den Event auskoste. Der Forderung des Labour-Parlamentariers, die Teilnahme der englischen Nationalmannschaft zu stoppen, wollte sich Johnson nicht anschließen. Das russische Außenministerium kritisierte Johnson scharf. Solche Parallelen und Vergleiche seien eines Außenministers eines europäischen Staates nicht würdig, kommentierte Sprecherin Maria Sacharowa. Russland habe im Zweiten Weltkrieg Millionen Menschenleben gegeben und Europa befreit, schrieb sie bei Facebook.