Washington.

Als die ersten Spekulationen über einen Rauswurf (oder Rücktritt) im Februar vergangenen Jahres die Runde machten, hatte Rex Tillerson sein Büro im Außenministerium noch gar nicht richtig bezogen. Dass der Chefdiplomat der Vereinigten Staaten von Amerika und sein Präsident nicht auf einer Wellenlänge senden und empfangen, war in den ersten Wochen der Amtszeit Donald Trumps fast täglich zu beobachten. Iran, China, Nordkorea, Russland – kaum ein Thema, bei dem der „Secretary of state“ und der „Commander-in-Chief“ im Gleichschritt marschierten. 14 Monate später hat der Mächtigere von beiden abrupt die Konsequenzen gezogen. Um 8.34 Uhr Ortszeit, kurz vor seiner Abreise nach Kalifornien, gab Trump gestern via Twitter die Ablösung des 65-jährigen Texaners bekannt, der Stunden vorher von einer beschwerlichen Afrika-Reise zurückgekehrt war. Oder sollte man besser sagen: Erlösung?

Der Rauswurf markiert das Ende eines Martyriums

„Unsere Denkweise ist nicht wirklich die gleiche“, schrieb der Präsident und nannte die Causa Iran. Tillerson ist ein Verfechter des Atomabkommens, aus dem Trump am liebsten schon vor Monaten ausgestiegen wäre. Tillerson werde „jetzt viel glücklicher“ sein, stellte Trump flapsig fest.

Danach sah der Rausgeworfene nicht aus, als er am Mittag vor die Presse trat, Fortschritte in Nordkorea, Afghanistan und Syrien für sich in Anspruch nahm und demonstrativ oft von „Integrität“, „Respekt“ und „Ehrlichkeit“ redete und die Bedeutung von „Partnern“ und „Verbündeten“ in der internationalen Diplomatie hervorhob. Ausdrücklich bedankte er sich bei seinen Mitarbeitern und dem amerikanischen Volk. Donald Trump erwähnte er mit keinem Wort.

Anstelle des früheren Öl-Managers wird Mike Pompeo, Chef des Auslandsgeheimdienstes CIA, das State Departement am 1. April übernehmen. Der ehemalige republikanische Kongress-Abgeordnete aus Kansas ist ein energischer Kritiker des Mullah-Regimes in Teheran.

Tillersons Rauswurf markiert das Ende eines Martyriums, das Washingtoner Beobachter seit der Stunde Null ratlos stimmte. „Ich wollte diesen Job nicht“, sagte der weißhaarige Geschäftsmann in einem Interview vor einem Jahr, „meine Frau sagte mir, ich solle ihn annehmen.“ Einmal in Washington angekommen, begann für den an Von-oben-nach-unten-Anordnungen gewöhnten Manager das Fremdeln. Zum einem mit einer Bürokratie, die er für überdimensioniert hält. Was ein Grund für seine schlechten Beliebtheitswerte im Außenministerium ist. „Er kommuniziert miserabel, schottet sich ab und lässt das Ministerium langsam ausbluten, indem wichtige Stellen einfach nicht mehr besetzt werden“, sagte ein ehemaliger US-Botschafter dieser Zeitung noch in der vergangenen Woche.

Zum anderen fremdelte Tillerson mit einem Präsidenten, der Außenpolitik via Twitter gestaltet und Kabinettsmitglieder gern öffentlich demütigt. Als Tillerson im Herbst in der heißen Phase des Nordkorea-Konflikts Gesprächskanäle nach Pjöngjang freischaufelte und für eine friedliche Lösung warb, schoss Trump ihm einen Torpedo vor den Bug: Mit dem „kleinen Raketenmann“ (Kim Jong-un) zu verhandeln, sei brotlose Kunst. „Spar dir deine Energie, Rex!“, twitterte Trump.

Das kühl temperierte Verhältnis zwischen Trump und Tillerson hat sachpolitische Gründe. Der Minister war gegen den US-Ausstieg aus dem Pariser Klima-Abkommen und für eine härtere Gangart gegen Russland, obwohl ihm bei Amtsantritt aufgrund seiner Öl-Biographie das Etikett Putin-Versteher angeklebt wurde. Am Montag, als das Weiße Haus noch herumeierte, wies Tillerson im Fall des vergifteten russischen Ex-Spions in Großbritannien klar Moskau die Schuld zu.

Zum Bruch kam es im vergangenen Sommer. Tillerson bezeichnete Trump nach lose ins Spiel gebrachten atomaren Aufrüstungspläne intern als „verfluchten Trottel“ und erwog seinen Rücktritt. Warum der Multi-Millionär bei der Stange blieb, erklärten informierte Kreise mit Pflichtgefühl.

Erstmals soll eine Frau den Geheimdienst CIA führen

Mit Mike Pompeo (54) kommt das Anti-Konzept zu Tillerson an die Macht. Der Absolvent der Militärakademie West Point war Panzeroffizier und Unternehmer, was Trump beeindruckt. Zudem pflegt er im Amt als CIA-Chef eine Sprache, die keine Zurückhaltung verrät: Iran – Bedrohung für den Weltfrieden. Regimewechsel in Nordkorea – warum nicht? Seither hat Pompeo bei Trump ein Stein im Brett. In seinem neuen Amt, so Trump, werde der oft mit leicht blutunterlaufenen Augen anzutreffende Republikaner einen „fantastischen Job“ machen.

An seine Stelle bei der CIA rückt mit Gina Haspel erstmals eine Frau. Die 61-Jährige ist Menschenrechts-Organisationen ein Dorn im Auge. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 leitete sie in Thailand ein CIA-Geheimgefängnis, in dem Verdächtige gefoltert wurden. Deutsche Anwälte haben gegen sie beim Generalbundesanwalt Strafanzeige gestellt.