Berlin.

Auch wenn die großen Parteien bei der Bundestagswahl quasi auf jedem Wahlplakat mit ihren Kanzlerkandidaten warben – die Bürger wählten CDU-Chefin Angela Merkel oder den damaligen SPD-Chef Martin Schulz nur indirekt. Sie stimmen bei Bundestagswahlen „nur“ über die Zusammensetzung des Parlaments ab. Es ist laut Grundgesetz Aufgabe der gewählten Abgeordneten, dann den Kanzler oder die Kanzlerin zu wählen. Abgestimmt wird dabei ohne Debatte und geheim in Wahlkabinen. So auch an diesem Mittwochmorgen, wenn sich Angela Merkel der Wahl stellt. Und so ist das Prozedere:


Steinmeier schlägt Merkel vor

Der Bundespräsident schlägt dem Parlament einen Kandidaten vor. So steht es im Artikel 63 Absatz 1 des Grundgesetzes. Rechtlich darf er dabei zwar frei entscheiden, bislang hat er aber stets den Kandidaten der bei der Wahl stärksten Partei vorgeschlagen. So auch diesmal: Am 5. März hatte Frank-Walter Steinmeier die CDU-Vorsitzende und geschäftsführende Kanzlerin Angela Merkel zur Wiederwahl vorgeschlagen. Der Kandidat oder die Kandidatin muss übrigens kein Mitglied des Bundestags sein.


Dann ist das Parlament am Zug
Nötig zur Wahl ist die sogenannte Kanzlermehrheit – also die absolute Mehrheit an Stimmen der Abgeordneten. Bei aktuell 709 Abgeordneten braucht Merkel also mindestens 355 Stimmen. Die Mehrheit dürfte ihr sicher sein – Union und SPD verfügen über insgesamt 399 Abgeordnete. Sollte die Kanzlerwahl beim ersten Mal nicht klappen, folgen weitere Wahlgänge. Scheitern sämtliche Versuche, eine Mehrheit zu finden, kann das Verfahren in eine Minderheitsregierung oder eine Neuwahl münden. Bisher wählten die Abgeordneten den Kanzler aber stets im ersten Wahlgang.


Nach der Abstimmung die Vereidigung
Bekommt Merkel die Mehrheit, nimmt sie die Wahl an und wird anschließend von Steinmeier im Schloss Bellevue ernannt. Danach leistet Merkel im Bundestag ihren Amtseid. Die Minister fahren danach ebenfalls zum Amtssitz des Bundespräsidenten, bekommen ihre Ernennungsurkunde, leisten im Anschluss ihren Eid im Bundestag und dürfen dann auf der Regierungsbank Platz nehmen.


Welcher Eid wird geleistet?

Der Eid für den Bundespräsidenten, den Bundeskanzler und die Minister ist im Artikel 56 des Grundgesetzes festgeschrieben: „Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.“ Der religiöse Zusatz kann weggelassen werden. So hatte der frühere SPD-Kanzler Gerhard Schröder 1998 und 2002 darauf verzichtet.