Berlin. Bürgermeisterin des Berliner Problembezirks Neukölln könnte Arbeits- oder Familienministerin werden. Noch Gerangel in SPD um Posten

Für Franziska Giffey könnte der SPD-„Frauensalon“ an diesem Donnerstagabend im „Ballhaus Rixdorf“ zu einem unvergesslichen Abend werden. An der Seite der designierten Parteichefin Andrea Nahles wird Giffey, derzeit noch Bürgermeisterin des Berliner Problembezirks Neukölln, anlässlich des Weltfrauentags an einer Podiumsrunde teilnehmen. Alle Augen werden auf die 39-Jährige gerichtet sein – denn sehr viel spricht dafür, dass Nahles die im brandenburgischen Frankfurt an der Oder geborene Giffey für die SPD ins Bundeskabinett holt.

Wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr, haben sich die ostdeutschen SPD-Landesverbände auf Giffey als gemeinsame Kandidatin geeinigt. Sie könnte Familien- oder Arbeitsministerin werden. Eine Sprecherin von Nahles sagte dieser Redaktion, noch gebe es keine finalen Personalentscheidungen. Die Gespräche, wie die sechs SPD-Ministerposten besetzt werden, würden am Donnerstag fortgesetzt. Am Freitag wollen Nahles und der kommissarische Parteichef Olaf Scholz die SPD-Gremien und dann die Öffentlichkeit informieren. Am Mittwoch war Nahles zu einem Gespräch bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) – über die SPD-Ministerliste wurde dabei nicht gesprochen.

Klar ist, dass Hamburgs Regierungschef Scholz als Finanzminister und Vizekanzler nach Berlin kommt. Der derzeitige Justizminister Heiko Maas wird als kommender Außenminister gehandelt. Dafür müsste der populäre Amtsinhaber Sigmar Gabriel weichen. Sein Verhältnis zu Nahles gilt als zerrüttet. Einen Platz im Kabinett sicher hat Katarina Barley. Sie könnte Familienministerin bleiben oder aber an die Spitze des Justiz- oder Arbeitsressorts aufsteigen. Eine endgültige Verteilung wurde nach Informationen aus Parteikreisen bislang verhindert, weil es zwischen den mächtigen Verbänden Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen knirschte. So will Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil offensichtlich den von ihm hoch geschätzten Umweltpolitiker Matthias Miersch zum Bundesumweltminister machen. Allerdings will NRW dem Vernehmen nach dieses Ressort nicht abgeben, sondern die jetzige Umweltministerin Barbara Hendricks durch die frühere NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze ersetzen. Alternativ wurden auch der früheren NRW-Familienministerin Christina Kampmann noch Außenseiter-chancen eingeräumt.

Mit Franziska Giffey aber könnte die SPD eine spannende Geschichte erzählen. Sie ist klug, nicht auf den Mund gefallen und stammt aus Ostdeutschland. Die ostdeutschen SPD-Verbände pochen auf eine starke Präsenz im neuen Kabinett. Die AfD hat die SPD dort in vielen Regionen überholt. Zudem schickt die Union niemanden aus Ostdeutschland neben Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in das Bundeskabinett. Zuletzt waren neben Giffey in der SPD Eva Högl (Berlin) und Klara Geywitz (Brandenburg) für ein Ministeramt im Rennen. Beide haben nun das Nachsehen. Giffey selbst wollte sich nicht zu einem möglichen Ministerposten äußern. Die Frage, ob sie Ministerin wird, könne sie „nicht beantworten“, sagte sie am Rande einer Schulveranstaltung.

In Berlin-Neukölln, mit mehr als 300.000 Einwohnern einer der bekanntesten Problembezirke Deutschlands, machte sich Giffey als Nachfolgerin von Heinz Buschkowsky einen Namen. Bei einer Einbürgerungsfeier mahnte sie, nicht einfach den Müll irgendwo fallen zu lassen: „Wenn sich daran alle halten würden in Neukölln, würden wir viele Millionen sparen.“ Recht und Ordnung, darüber spricht sie viel. Sie ärgert sich, wenn ihr Muslime nicht die Hand geben wollen, weil sie eine Frau ist. Und sie betont stets, wie wichtig Investitionen in Bildung seien. Im eher linken Berliner SPD-Verband, dessen Führung gegen die große Koalition ist, gilt sie manchen als zu konservativ. Sollte sich Giffey auf Bundesebene bewähren, könnte sie irgendwann auch für das Amt des Regierenden Berliner Bürgermeisters infrage kommen.