Berlin/München.

Nach mehr als fünf Monaten Hängepartie soll es jetzt schnell gehen mit der Bildung einer Regierung. Nachdem die SPD-Mitglieder mit ihrem Votum den Weg für eine neue große Koalition frei gemacht haben, schlug Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dem Bundestag Kanzlerin Angela Merkel am Montag offiziell zur Wiederwahl vor.

Merkel selbst trat kurz vor die Presse und verkündete sichtlich erleichtert, dass es jetzt endlich bald losgehen könne mit dem Regieren. Sie hoffe, dass der Bundestag sie wie geplant am 14. März zur Kanzlerin wählen werde. Dann wolle sie ihre „ganze Kraft einbringen, damit diese Regierung gut für die Menschen in Deutschland arbeitet“. Fast sechs Monate nach dem Wahltag hätten die Menschen „einen Anspruch darauf, dass jetzt auch etwas geschieht und vor allem umgesetzt wird, was wir uns auch vorgenommen haben“, sagte die CDU-Vorsitzende. „Es ist jetzt gut und wichtig, dass es in ein paar Tagen auch losgeht.“

Pünktlich zur Aufforderung seiner neuen Kabinetts-Chefin gab der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer endgültig die Namen der CSU-Minister bekannt, seinen inklusive. Neben Seehofer als künftigen Innen- und Heimatminister schicken die Bayern den bisherigen Generalsekretär Andreas Scheuer als Verkehrsminister nach Berlin. Entwicklungsminister bleibt Gerd Müller. Staatsministerin für Digitalisierung im Kanzleramt soll Dorothee Bär werden.

Der CSU-Chef verkündete gleichzeitig Dienstag, den 13. März, als Termin seines Abgangs aus Bayern – es ist der spätestmögliche Zeitpunkt. Einen Tag darauf, am Mittwoch, den 14. März, wird er bereits als Minister in Berlin vereidigt. Seehofer war wegen des schlechten Ausgangs der Bundestagswahl in der CSU unter Druck geraten und stellte das Amt daraufhin seinem langjährigen Rivalen Markus Söder zur Verfügung. Söder soll nach dem Willen der CSU-Landtagsfraktion am Freitag, den 16. März zum neuen bayerischen Ministerpräsidenten gewählt werden.

Die CSU bekommt einen Posten mehr als vorgesehen

Klar ist aber, dass auch dessen neues bayerisches Kabinett vor Ostern stehen soll. „Jetzt ist der Weg frei für den geordneten Übergang in Bayern, auf den wir schon eine längere Zeit warten“, sagte Söder. Er dürfte etwas angefasst sein, denn mit dem knappen Zeitplan bringt Seehofer ihn noch einmal in die Bredouille. Seehofer ist es egal, er betonte schmunzelnd: „Damit löse ich eine Zusage ein, dass alles vor Ostern seinen Abschluss finden kann.“ Es sei ein „sehr schöner Dienst für meine Heimat Bayern, da werde ich ewig dafür dankbar sein“, beschrieb er seine zehnjährige Amtszeit als Ministerpräsident.

Dem 68 Jahre alten CSU-Vorsitzendem war mit der Besetzung der Ministerposten noch ein kleiner Coup gelungen. Während Scheuer schon lange als Minister gesetzt galt, musste Müller bis zum finalen Vier-Augen-Gespräch am Montagmorgen in der Staatskanzlei bangen – denn für seinen Posten war mit Bär auch eine deutlich jüngere Frau im Gespräch. Dass am Ende keiner der vier gehandelten Kandidaten leer ausging, ist Seehofers Verhandlungsgeschick zu verdanken; er holte für Bär kurzerhand einen völlig neuen Posten heraus – den der Staatsministerin für Digitales im Kanzleramt. Auf der Seite 177, der letzten Seite des Koalitionsvertrags, stehen nur drei Ministerämter für die CSU. De facto hat die Partei im Kabinett nun ein Amt mehr, als mit der SPD ausgehandelt. Dafür erntet er im CSU-Vorstand am Montag offenes Lob. Seehofer verwahrte sich dagegen, dass er mit Merkel einen „Deal“ – Zuschnitt seines künftigen Ministeriums gegen Posten für die CSU – eingefädelt habe. Es habe lediglich Klärungsbedarf mit der SPD gegeben, aber es habe sich alles gut gefügt.

Die 39-jährige Dorothee Bär ist nun die einzige Frau mit Kabinettsrang der CSU. Als Staatsministerin verfügt sie jedoch – im Gegensatz zu den Männern – nicht über ein eigenes Bundesministerium. Seehofer nahm diesen Malus bei der Gleichstellung in Kauf. Seit 2002 Mitglied des Bundestages, engagiert sich die Bambergerin schon lange beim Thema Digitalisierung. Sie führte zusammen mit dem neuen Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) auch die Verhandlungen mit der SPD zum Thema. Die Oberfränkin ist seit November auch stellvertretende Parteivorsitzende.

Gerd Müller (62) wiederum kämpfte hart um sein Ministerium – und hatte genug Unterstützung bei lang gedienten CSU-Politikern in Berlin. Seehofer wollte vor seinem Wechsel nach Berlin nicht für schlechte Stimmung sorgen und paukte Müller durch. Nachdem der Schwabe das Amt 2013 überraschend übernommen hatte, profilierte er sich in den vergangenen vier Jahren im Amt des Entwicklungsministers. Er entwickelte einen Marshall-Plan für Afrika. Der Name war etwas zu ambitioniert, mit den Inhalten machte er sich dennoch einen Namen. Müller vertritt in der Flüchtlingspolitik eine liberale Position. Merkel schätzte auch deswegen die Zusammenarbeit. Beide gehen davon aus, dass die Migration nach Europa am besten eingedämmt werden kann, indem man die Lebensbedingungen der Menschen etwa in Afrika verbessert.

Der 43-jährige Andreas Scheuer aus Niederbayern kennt das Verkehrsministerium bereits, von 2009 bis 2013 war er dort Parlamentarischer Staatssekretär unter Peter Ramsauer. Als Seehofer-Vertrauter war für ihn in München unter dem designierten Ministerpräsidenten Söder kein Platz mehr. „Der Andi“ , wie sie ihn in der CSU nennen, stand nach der Wahlniederlage und während der vielen Verhandlungen in Berlin getreu zu seinem Chef Seehofer. Nun wird der Passauer für seine Loyalität belohnt. Scheuer, Vater einer Tochter, provozierte als Generalsekretär mitunter durch derart markige Sprüche, dass sogar die Kirchen den Katholiken kritisierten. Als Minister muss er eine staatstragendere Art an den Tag legen.

Für Christian Schmidt ist kein Platz mehr im neuen Kabinett

Den Part des CSU-Generalsekretärs in München übernimmt Markus Blume, der sich einen Namen mit der Erarbeitung des Grundsatzprogramms seiner Partei gemacht hat. Er gilt als besonnener Kopf, der nicht dem klassischen Bild eines polarisierenden Generalsekretärs entspricht. Doch im Wahlkampf kommt es nun vor allem auf die richtige Strategie im Kampf gegen die AfD an.

Für den bisherigen Landwirtschaftsminister Christian Schmidt ist dagegen kein Platz mehr im neuen Kabinett. „Diese Ämter sind nicht auf Lebenszeit angelegt. Ich bin dankbar, dass ich diese herausgehobenen Funktionen wahrnehmen und gestalten durfte“, sagte er leicht wehmütig. Ihm bleibt immerhin das Mandat als Bundestagsabgeordneter.