Berlin.

Kaum hat die SPD-Basis für die GroKo gestimmt, legt die Union eine Prioritätenliste für die Regierungsarbeit vor. Ganz oben: die Zuwanderung.

Wie groß ist Ihre Erleichterung nach dem SPD-Votum, Herr Kauder?

Volker Kauder: Es war höchste Zeit, dass endlich Klarheit über die Regierungsbildung besteht. Ein Scheitern und eine Neuwahl hätten das Vertrauen der Bürger in die Politik schwer beschädigt. Insofern können jetzt alle Parteien jenseits der politischen Ränder kurz durchatmen. Union und SPD sind nun in der Pflicht, das Land gut zu regieren. Gerade nach der zähen Regierungsbildung müssen wir unserer Verantwortung gerecht werden - auch weil es Parteien gibt, die ein anderes Land wollen und zum Teil die parlamentarische Demokratie ablehnen. Populisten begegnet man am besten durch gute Arbeit.

Ein Drittel der Mitglieder haben sich gegen ein Bündnis mit der Union ausgesprochen. Ist eine gespaltene Sozialdemokratie ein stabiler Regierungspartner?

Es haben immerhin zwei Drittel der Mitglieder für die Koalition gestimmt. Das ist eine gute Basis für eine gute Zusammenarbeit. Andrea Nahles und Olaf Scholz werden alles daransetzen, die Koalition zum Erfolg zu führen. Der jüngste Umfragen-Absturz der SPD hat ja auch damit zu tun, dass die Bürger nicht wissen, was die SPD eigentlich sein will – Regierungspartei, Opposition oder beides zusammen.

Sind Sie sicher, dass Schwarz-Rot vier Jahre hält? Oder ist die Revisionsklausel im Koa­litionsvertrag so etwas wie eine Sollbruchstelle?

Die Koalition wird halten. Da bin ich mir ganz sicher.

Welche Vorhaben wollen Sie als Erstes auf den Weg bringen?

Jede Seite wird eine Liste von Themen vorlegen, die sie vorrangig behandeln will. Wir von der Union werden die Vorhaben zur Steuerung und Begrenzung der Migration ganz oben auf die ­Tagesordnung setzen. Weiter wollen wir so schnell wie möglich die Projekte zur Beschleunigung der Digitalisierung und die Einführung des Baukindergelds anpacken. Der Haushalt 2018 muss vor der Sommerpause durch den Bundestag. Der Bundestag wird von Frühjahr bis Sommer so intensiv arbeiten wie lange nicht mehr.

Darf sich die schwarz-rote Regierung ­darauf beschränken, den Koalitionsvertrag abzuarbeiten?

Der Koalitionsvertrag ist die Grundlage der Zusammenarbeit. Es gab in jeder der vergangenen Wahlperioden unvorhersehbare Ereignisse, die die jeweilige Koalition gefordert haben. Denken Sie nur an die Wirtschafts- und Finanzkrise, die Eurokrise oder die Herausforderungen durch die Flüchtlingsbewegung.

Kann sich die Union erneuern, während sie regiert?

Wir haben uns bereits personell neu aufgestellt - mit einem guten Mix aus Jüngeren und Erfahrenen. Nun werden wir ein neues Grundsatzprogramm entwerfen. Das kann man neben dem Regieren gut leisten.

Braucht die CDU ein konservativeres ­Profil?

Wir müssen vor allem eine Volkspartei bleiben, die sich allen drei Wurzeln der Union – neben der konservativen auch der liberalen und der christlich-sozialen – verpflichtet fühlt, unter dem gemeinsamen Leitbild des christlichen Menschenbilds. Wir müssen wie seit jeher versuchen, die Menschen zusammenzuführen. Dann bleiben wir auch in Zukunft stark. Eine Volkspartei dient nicht zuletzt der Gesellschaft, weil sie gut ist für deren Zusammenhalt.