Rom. Berlusconi verspricht im Wahlkampf Gratis-Gebisse, sein Gegner mehr Polizisten

Wahlkampf auf Italienisch: Kurz vor der Parlamentswahl am kommenden Sonntag erklären sich die beiden wichtigsten Kandidaten bereits zum Sieger. Obwohl er wegen einer Verurteilung wegen Steuerbetrugs bis 2019 kein politisches Amt bekleiden darf, verbreitet Silvio Berlusconi Zweckoptimismus. Er werde die Regierung übernehmen, tönte der Chef der rechtskonservativen Forza Italia. Sein Widersachter Luigi Di Maio von der linkspopulistischen Protestpartei Fünf-Sterne-Bewegung legte Staatspräsident Sergio Mattarella gar bereits eine Kabinettsliste mit drei Frauen in Schlüsselpositionen vor.

Die wahlentscheidende Schlacht dürfte im wirtschaftlich schwachen Süditalien stattfinden. Mehr als 30 Prozent der wahlberechtigten Italiener sind noch unentschlossen – viele befinden sich im Süden. Während der Norden mehrheitlich an Berlusconis Mitte-rechts-Bündnis gehen dürfte, können die Demokraten von Ministerpräsident Paolo Gentiloni auf viele Wahlkreise in Mittelitalien setzen. Sie gelten dennoch bereits jetzt als die großen Verlierer des Urnengangs.

Auch eine Amnestie für Bausünder ist im Angebot

Zwischen Neapel und Palermo steht es dagegen in vielen Wahlkreisen auf Messers Schneide zwischen Berlusconis Forza Italia und der Fünf-Sterne-Bewegung des Komikers Beppe Grillo. Beide Seiten überbieten sich mit Wahlversprechen. So kündigte Berlusconi eine Amnestie für Bausünder an; viele Eigenheimbesitzer vor allem im Süden ziehen ihre Häuser ohne Baugenehmigung hoch. Den vielen Rentnern im Mezzogiorno, wo wegen der wirtschaftlichen Misere immer weniger junge Menschen leben, bietet er Gratis-Zahnprothesen an.

Berlusconis Widersacher Luigi di Maio, der Spitzenkandidat der Fünf-Sterne-Partei, hält dagegen. Er will die im Süden zweckentfremdete Forstpolizei wieder stärken. Für die Bekämpfung der im Sommer wütenden Waldbrände stellten Süditaliens Regionen in der Vergangenheit wesentlich mehr Mitarbeiter in dieser Polizeieinheit ein als benötigt. Um ihren Arbeitsplatz zu sichern, zündeten einige Polizisten die Feuer an, die sie eigentlich löschen sollten. Im Süden ziehen Versprechen, staatliche Arbeitsplätze zu schaffen, seit jeher. Die auf diese Weise Beschäftigten halten der Partei, die für ihr Einkommen sorgt, bei Wahlen die Treue.

Während Berlusconis Bündnis auf die für eine Regierungsbildung nötigen 40 Prozent der Wählerstimmen hofft, dürfte die Fünf-Sterne-Bewegung mit 25 Prozent zur stärksten Einzelpartei werden. Im Endspurt vor dem Wahltag muss Berlusconi paradoxerweise darauf hoffen, dass die schwer angeschlagene (Noch-)Regierungspartei der Demokraten ihre drohenden Verluste vor allem im Süden noch auffangen kann. Denn deren enttäuschte Wähler könnten das Grillo-Lager zu Lasten Berlusconis stärken. Wenn die Demokraten im Süden wider Erwarten 22 bis 25 Prozent der Stimmen erhalten, dürften die Wahlkreise an Berlusconi gehen, in denen er sich mit Fünf-Sterne-Bewegung ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefert.

Die Region Kampanien rund um Neapel sei „das Ohio Italiens“, erklärt Paolo Russo von Berlusconis Forza Italia unter Anspielung auf die heiß umkämpften „Swing States“ bei US-Wahlen. Wegen der knappen Mehrheitsverhältnisse zwischen Demokraten und Republikanern sind die Wähler in diesen Staaten besonders umworben.

„Es besteht das Risiko, dass die in Auflösung befindlichen Demokraten unter 20 Prozent sinken und die Grillo-Partei auf 35 Prozent steigen lassen“, seufzt der Abgeordnete von der Berlusconi-Partei. Der aus Kampanien stammende Russo weiß, dass dort zwei von drei abtrünnigen Anhängern der Demokraten heute die Fünf-Sterne-Bewegung wählen würden.

In Norditalien verfügt Forza Italia mit der rechtsnationalen Lega über einen starken Bündnispartner. Im Süden bemüht sich Lega-Chef Matteo Salvini, mit ausländerfeindlichen Parolen die Angst vor Flüchtlingen zu schüren. Eine Stammwählerschaft hat er dort jedoch noch nicht. So bleibt neben Forza Italia vor allem in den unterentwickelten Regionen des Südens wie Kampanien, Abruzzen, Apulien, Kalabrien und Sizilien Raum für die Fünf-Sterne-Partei.

Es wird auf jeden Fall knapp. „In vielen Wahlkreisen geht es für uns nur um hundert Stimmen“, sagt Mara Carfagna. Das ehemalige Showgirl aus Kampanien brachte es unter Berlusconi einst zur Gleichberechtigungsministerin. „Wir wollen Antworten auf die Ängste der Bürger geben“, sagt sie lächelnd. Ob das Versprechen gezogen hat, wird sich am 5. März herausstellen.