Berlin.

Seit vier Monaten wartet Deutschland auf eine neue Regierung – an diesem Freitag beginnen nun die Koalitionsverhandlungen von Union und SPD. Die Parteichefs Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Martin Schulz (SPD) wollen straff verhandeln. Der Hamburger Bürgermeister und SPD-Vize Olaf Scholz leitet in den Koalitionsverhandlungen mit der Union für seine Partei die wichtige Arbeitsgruppe Finanzen und Steuern.

Die Ergebnisse aus 18 Arbeitsgruppen sollen voraussichtlich bis zum 8. Februar, wenn zu Weiberfastnacht viele Abgeordnete in ihren Wahlkreisen sind, beendet sein. Dann stimmen die 440.000 SPD-Mitglieder über einen Koalitionsvertrag ab. Das dauert zwei bis drei Wochen und kostet die Sozialdemokraten zwei Millionen Euro. Gibt die SPD-Basis grünes Licht, könnte Merkel vor Ostern zum vierten Mal zur Kanzlerin im Bundestag gewählt werden.

Die SPD-Spitze tagte am Donnerstag stundenlang in Berlin. Ein Sonderparteitag hatte mit nur knapper Mehrheit von 56 Prozent die Verhandlungen erlaubt. Die Widerstände gegen eine neue GroKo und die Angst, die SPD könnte als Juniorpartner von Merkel weiter zerrieben werden, sind unverändert groß. Unruhe gibt es auch an dem Punkt, ob SPD-Chef Martin Schulz Minister werden soll. Das hatte er nach der Bundestagswahl ausgeschlossen. Der frühere Bundesminister und designierte Thüringer SPD-Landeschef, Wolfgang Tiefensee, warnte Schulz vor einem weiteren Glaubwürdigkeitsverlust. Auch der Bremer Regierungschef Carsten Sieling (SPD) betonte jetzt, es sei wichtig, wenn der Parteivorsitzende „möglichst autonom“ – also außerhalb der Kabinettsdisziplin – agieren könne. Der Chef des konservativen Flügels in der SPD und Hamburger Bundestagsabgeordnete, Johannes Kahrs, forderte ein Ende der Debatte. „Wir haben eine klare Reihenfolge vereinbart. Erst Koalitionsverhandlungen, dann der Mitgliederentscheid und danach das Personal“, sagte der Haushaltsexperte dem Abendblatt. In Koalitionsverhandlungen leitet Schulz die Arbeitsgruppe Europa – das Thema Außenpolitik wird für die SPD in Händen des geschäftsführenden Außenministers Sigmar Gabriel liegen.

In der Gesundheitspolitik will die Union den von der SPD geforderten Einstieg in eine Bürgerversicherung verhindern. „Milliardenschwere Mehrlasten für gesetzlich Versicherte“ lehne er ab, sagte der amtierende Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU).