Karlsruhe.

Das Bundesverfassungsgericht stellt das Streikverbot für Beamte auf den Prüfstand. Der Zweite Senat befasste sich am Mittwoch mit vier Verfassungsbeschwerden von Lehrern, die an Protestveranstaltungen und Warnstreiks teilgenommen hatten und dafür bestraft worden waren. Ein Urteil wird in mehreren Monaten erwartet.

Die von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) unterstützten Beschwerdeführer argumentierten mit internationalem Recht, der Europäischen Menschenrechtskonvention und Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) führte dagegen das besondere Treue- und Versorgungsverhältnis zwischen Beamten und Staat an. „Das Streikverbot sichert die Funktionsfähigkeit der Verwaltung für die Bürgerinnen und Bürger“, sagte er. Beamte seien unkündbar und dem Gemeinwohl verpflichtet, sie bekämen eine gute Versorgung. „Im Gegenzug dürfen sie nicht streiken.“

Die Verfechter eines Streikrechts wollen zwischen hoheitlich tätigen Beamten wie Polizisten und anderen Beamten, darunter Lehrer, unterscheiden, wie es der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte vorgibt. „Wir wollen nicht die Abschaffung des Beamtentums, wir wollen das Streikrecht für nicht hoheitlich tätige Beamte“, sagte Henriette Schwarz für den DGB.

Der Rechtswissenschaftler Matthias Pechstein hielt dagegen, ein Streikrecht für Lehrer würde das gesamte System des Beamtentums infrage stellen. Wenn Beamte gegen den Gesetzgeber streiken könnten, gebe es keine Rechtfertigung mehr für ihre staatliche Alimentation.

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, unterstrich die große Breitenwirkung des Verfahrens. Die Auswirkungen auf das Berufsbeamtentum seien nicht zu unterschätzen. Nach Voßkuhles Angaben unterrichten 800.000 Lehrer in Deutschland, drei Viertel davon im Beamtenverhältnis. Daneben seien rund eine Million weitere Beamte tätig.