Goslar/Berlin.

Das Treffen von Außenminister Sigmar Gabriel mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu in Goslar stößt auf Kritik. Die inoffizielle Begegnung sei „unangebracht“ gewesen, weil zeitgleich „Deutsche als Gefangene ohne Anklage in türkischen Gefängnissen festgehalten werden“, sagte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff dieser Redaktion. „Für einen Neustart der deutsch-türkischen Beziehung brauchen wir Klarheit. Er ist nur möglich, wenn die deutschen Geiseln wie Deniz Yücel umgehend freigelassen werden.“ Erst danach gehören Handel, Rüstungskooperation und weitere Themen auf die Agenda – und nicht vorher.

Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen warnte ebenfalls davor, von einem Neustart zu sprechen. „Substanziell gibt es nichts Neues, keine Veränderung und keine Problemlösung, weil sich an den Ursachen der Probleme nichts geändert hat“, sagte er.

Der deutsche Außenminister und dessen türkischer Amtskollege hatten sich am Wochenende in Gabriels niedersächsischem Heimatort Goslar getroffen. Der SPD-Mann lud Cavusoglu zu einem türkischen Tee in sein Privathaus ein. Man wolle den Wirtschaftsministern empfehlen, die bilaterale Wirtschaftskommission nach längerer Pause wieder einzuberufen, sagte Gabriel nach dem Gespräch. An mehr Handel und Investitionen ist vor allem die türkische Seite interessiert. Das Wachstum am Bosporus lahmt. Grünen-Chef Cem Özdemir sagte, die aktuelle „Charmeoffensive“ der türkischen Regierung sei nicht Folge einer Kurskorrektur, sondern habe mit schlechten wirtschaftlichen Aussichten und politischer Isolation zu tun.

Auf die Frage, ob es bei dem Vier-Augen-Gespräch auch um den Fall des in der Türkei inhaftierten „Welt“-Journalisten Deniz Yücel gegangen sei, sagte Gabriel anschließend im Beisein von Cavusoglu: „Da können Sie sicher sein.“ Gabriel widersprach indes Berichten, wonach er die Wiederaufnahme von Rüstungsexporten in die Türkei von einer Lösung des Falls Yücel abhängig gemacht habe.

Die deutsch-türkischen Wirtschaftstreffen waren 2016 nach der Ausrufung des Ausnahmezustands in der Türkei von deutscher Seite ausgesetzt worden. Auch der Dialog der Außenministerien, der noch länger auf Eis liegt, soll nun wiederaufgenommen werden.