Hongkong.

Eine echte Entwarnung gibt es noch nicht. Doch deutlich entspannter könnte es in der nächsten Zeit auf der koreanischen Halbinsel schon zugehen. Erstmals seit fast zwei Jahren haben Nord- und Südkorea eine wichtige Kommunikationsleitung im Grenzgebiet wieder in Betrieb genommen. Am Mittwochmorgen habe es im Grenzort Panmunjom eine erste Kontaktaufnahme gegeben, bestätige das südkoreanische Verteidigungsministerium. Über den genauen Inhalt des etwa 20-minütigen Gesprächs ist nur wenig bekannt. Es sei um „technische Details“ gegangen, heißt es aus dem Verteidigungsministerium in Seoul. Experten vermuten, dass es um die Vorbereitungen eines Treffens ging.

Nachdem Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un bei seiner Neujahrsrede Südkorea ein Gesprächsangebot gemacht und den Wunsch geäußert hat, eine Mannschaft zu den Olympischen Winterspielen zu schicken, schlug er am Dienstag dem verfeindeten Nachbarland ein Treffen auf hoher Ebene am 9. Januar im Grenzort Panmunjom vor. Es wäre das erste Treffen zwischen hochrangigen Vertretern beider Länder seit zwei Jahren. Die Winterspiele beginnen in einem Monat im südkoreanischen Pyeongchang.

Die Neujahrsansprache Kims hatte es in sich. Einerseits blieb Kim seiner Rolle treu und drohte der Welt auch weiter mit Atomwaffen. Er könne an seinem Schreibtisch jederzeit den Knopf drücken. Zugleich zeigte er sich aber gesprächsbereit: „Wir sollten die eingefrorenen Beziehungen zwischen Süd und Nord auftauen und damit dieses bedeutungsvolle Jahr als besonderes Jahr in die Geschichte der Nation eingehen lassen“, sagte Kim. Experten werten das als ein deutliches Signal für einen moderaten Kurs.

Maximales Entgegenkommen für minimale Zugeständnisse

Ebenfalls bemerkenswert: Kim präsentierte sich bei der Ansprache nicht als militärischer, sondern als ziviler Führer. Experten achten bei solchen Gelegenheiten auch auf die symbolischen Details. Der Diktator trug einen hellgrauen Anzug im westlichen Stil mit silbergrauer Krawatte, während er sonst meist in schwarzer Uniform auftritt. Er verbeugte sich vor dem Volk, wie es die kommunistischen Führer in Nordkorea nur selten machen.

Die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel hatten sich im vergangenen Jahr unter Donald Trump als US-Präsident dramatisch verschärft. Im September testete das Regime in Pjöngjang eine Wasserstoffbombe. Ende November schoss das international isolierte Land erfolgreich eine Interkontinentalrakete ins All und erklärte, das gesamte US-Festland liege nun in Reichweite nordkoreanischer Raketen. Damit sei Nordkorea praktisch eine Atommacht.

Experten hatten durchaus vorausgesehen, dass Pjöngjang nach diesem Schritt den Konflikt nicht noch weiter anheizen würde, sondern im Gegenteil Verhandlungsbereitschaft signalisieren könnte. Schon nach dem vorigen Raketentest hatte Kim gesagt, dass nach einer Phase der Aufrüstung und Provokation wieder mehr Ruhe einkehren werde. Er hatte den Aufstieg seines Landes zur unbesiegbaren Atommacht für abgeschlossen erklärt. Weitere Tests seien nicht mehr nötig.

Mit dem Aufbau einer eigenen Atomwaffentechnologie verfolgt Kim eine Strategie, die für ihn durchaus erfolgversprechend sein könnte. Er zieht zwar den Zorn vor allem der USA, aber auch Japans, Südkoreas und Chinas auf sich. Doch er ist sich sicher: Nur die atomare Bewaffnung schützt ihn und sein Regime vor einem gewaltsamen Sturz durch die USA, wie ihn Muammar Gaddafi in Libyen und Saddam Hussein im Irak erfuhren. Nun, kurz vor seinem Ziel, hofft er für minimales Entgegenkommen maximale Wirtschaftshilfe herauszuholen. Vor Weihnachten hatte der UN-Sicherheitsrat in Reaktion auf Nordkoreas erneuten Test einer Interkontinentalrakete die Sanktionen gegen das Land noch einmal verschärft. Unter anderem wird dem Land noch weniger Öl geliefert.

Südkoreas Präsident Moon Jae-in begrüßt nun Kims Angebot. Die Wiederaufnahme der Leitung sei ein erster Schritt, „ein Umfeld zu schaffen, in dem eine Kommunikation zu jeder Zeit möglich ist“. Zwar betonte Moon, Verbesserungen der Beziehungen zwischen beiden Ländern müssten mit Schritten zur atomaren Abrüstung einhergehen. Doch auch der Bitte Nordkoreas, an den Winterspielen teilzunehmen, will Südkorea nachkommen.

Seoul hatte bereits vor einem Jahr Nordkorea zu den Spielen eingeladen. Zur Vorbereitung müssten nordkoreanische Beamte nach Südkorea reisen und womöglich auch umgekehrt. Gespräche kämen zustande, die über den Sport hinausgingen. Eine mögliche Beteiligung Nordkoreas ist aus südkoreanischer Sicht nicht zuletzt auch deswegen wünschenswert, weil die Teilnehmer aus den anderen Ländern sich sicherer fühlen würden und Südkorea zumindest in dieser Zeit keine weiteren Provokationen befürchten muss.