Berlin. Ulrich Wegener, Gründer der Spezialeinheit GSG 9, starb mit 88 Jahren. Schon zu Lebzeiten war er eine Legende

Ulrich Wegener ist tot, der Gründer und erste Chef der Spezialeinheit GSG 9. Der „Held von Mogadischu“ war schon zu Lebzeiten eine Legende. Wie am Mittwoch bekannt wurde, ist er am 28. Dezember im Alter von 88 Jahren gestorben und hinterlässt zwei Töchter. Er wohnte in Rheinland-Pfalz, nur unweit von Sankt Augustin bei Bonn, wo seine Truppe bis heute ihren Sitz hat.

Sein Name bleibt für immer mit der Befreiung der im Oktober 1977 von Terroristen gekaperten Lufthansa-Maschine „Landshut“ in Somalia verbunden. Die „Operation Feuerzauber“ war nicht nur die Feuerprobe der damals noch jungen Anti-Terror-Einheit, sondern auch ein Erfolgserlebnis für die Bonner Republik in einer bleiernen Zeit: Die 70er-Jahre sind die Zeit des RAF-Terrors. Das Flugzeug war von Palästinensern entführt worden, um inhaftierte Terroristen freizupressen. Wegeners Truppe schlug bei einem Aufenthalt in Mogadischu zu und befreite die Geiseln.

Fünf Jahre zuvor war Wegener schlicht der richtige Mann zur rechten Zeit, wiewohl am Anfang seiner Karriere am 5. September 1972 ein Fiasko stand, „das traumatischste Ereignis meiner Laufbahn“. An dem Tag überfällt ein palästinensisches Kommando die israelische Mannschaft bei den olympischen Spielen in München und nimmt Sportler als Geiseln. Die Terroristen wollen mit ihnen ausgeflogen werden, am Abend greift die Polizei auf dem Flughafen in Fürstenfeldbruck ein. Es wird ein Fehlschlag, elf Israelis, fünf Kidnapper und ein Polizist sterben. Wegener, zu der Zeit der Verbindungsoffizier des Bundesgrenzschutzes (heute: Bundespolizei), erlebt das Drama im Tower zusammen mit dem damaligen Innenminister Hans-Dietrich Genscher.

Noch in München schlägt er ihm den Aufbau einer Anti-Terror-Truppe vor. Und er bietet ihm an, die Einheit aufzubauen und zu kommandieren – ein starkes Stück, abseits des „Dienstwegs“. Ein verwegener Anfang, der viel über den Mann verrät: Wegener ist direkt, unkonventionell, durchsetzungsstark, er kann sehr überzeugend sein und hat Charisma. Genscher war er schon vier Jahre früher aufgefallen. Sie sind fast gleichaltrig, hatten beide Anfang der
50er-Jahre die DDR verlassen und werden sich Jahrzehnte lang verbunden bleiben, auch nach ihren Karrieren und privat. 1972 geht Wegener in die „Lehre“ bei den Briten und den Israelis, den Anti-Terror-Kämpfern der ersten Stunde. 1979, Zwei Jahre nach Mogadischu, übernimmt er ein anderes Kommando beim Bundesgrenzschutz, aber den Kontakt zu den „Neunern“ lässt er nie abreißen; seine Nachfolger wissen von den regelmäßigen Anrufen des Alten zu erzählen. Als die Bundespolizei Ende 2017 das 45 Jährige Bestehen der Truppe (und 40 Jahre Mogadischu) in Bonn feiert, darf Wegener nicht fehlen. Es ist sein letzter Auftritt vor einem großen Publikum, nach einem Sturz zu Hause kann er sich nur im Rollstuhl bewegen. Seine Wissbegierde ist freilich ungebrochen, fünf Tageszeitungen hat er abonniert, um politisch auf dem Laufenden zu bleiben. Bis zum letzten Tag.