New York.

Ein fehlgeschlagener Terroranschlag mit islamistischem Hintergrund im Herzen New Yorks hat die Millionenmetropole wenige Tage vor Weihnachten vorübergehend in Alarmzustand versetzt. Wie Polizeichef James O’Neill sagte, hat der 27-jährige Akayed Ullah aus dem Stadtteil Brooklyn gegen 7.20 Uhr in einem der meistfrequentierten Nahverkehrsknotenpunkte Manhattans eine mit Klettverschluss am Körper befestigte Rohrbombe gezündet. Ob bewusst oder unbeabsichtigt, ist noch unklar.

Der Sprengsatz, den die Behörden als „amateurhaft und primitiv“ zusammengebaut bezeichneten, detonierte nur teilweise. Ullah erlitt dabei Verbrennungen an Bauch und Händen. Er konnte von Sicherheitskräften überwältigt und vom Rest des mit Drähten verbundenen Sprengsatzes befreit werden.

Vier Passanten in dem unterirdischen Tunnel, der die 7. und 8. Avenue mit der 42. Straße in der Nähe des rund um die Uhr pulsierenden Times Square verbindet, zogen sich geringfügige Verletzungen wie Kopfschmerzen oder Knalltraumata zu. Mit einem Handy aufgenommene Bilder zeigen den Moment der Explosion. Binnen Sekunden füllte sich der Passagierdurchgang mit Rauch, Menschen liefen panisch davon.

Akayed Ullah stammt aus Bangladesch und lebt seit 2011 in den USA. Er kam mit einem legalen Visum in das Land, genauer: über den Familiennachzug. Er arbeitete mehrere Jahre als Taxifahrer, zuletzt verdiente er Geld bei einer nicht näher genannten Elektrofirma.

Sein Motiv: Offenbar hat der 27-Jährige ausgesagt, dass er sehr erzürnt über Israels Gebaren im Gazastreifen ist. Auch die Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt durch US-Präsident Donald Trump habe ihn verärgert, heißt es. Der Täter soll laut Medienberichten bei der Versorgung durch Sanitäter islamistische Parolen skandiert haben, bevor er ins nahe gelegene Bellevue-Hospital gebracht wurde. Wahrscheinlich ist er ein Sympathisant der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS). Ullah wurde am Nachmittag vernommen.

Auf einem Foto, das die Boulevard-Zeitung „New York Post“ veröffentlichte, war ein Mann zu sehen, dessen Hemd zerrissen war und der am Bauch Schmauchspuren hatte. Den Sprengsatz soll Ullah zu Hause gebastelt haben.

Bürgermeister Bill de Blasio und Gouverneur Andrew Cuomo bezeichneten den Fall als „versuchten Terroranschlag“, der „Gott sei Dank“ fehlgeschlagen sei. Beide riefen die Bevölkerung dazu auf, wachsam zu bleiben, verdächtige Vorgänge zu melden, sich aber nicht von dem Vorgang im Alltagsleben beeindrucken zu lassen. „Das ist genau das, was die Attentäter wollen.“ New York sei als Flaggschiff für Demokratie und Vielfalt seit Langem ein Hauptziel des Terrors, der hier ein „Statement gegen die Freiheit“ abgeben wolle. „Lasst uns zurück an die Arbeit gehen“, so de Blasio, „und den Terroristen nicht erlauben, uns zu stören.“

Noch während des Einsatzes wurde Trump informiert

Exakt das war geschehen. Weil der Schauplatz der Detonation, das Port Authority Terminal, im Jahr von rund 65 Millionen Menschen zum Umsteigen genutzt wird, waren die Auswirkungen auf den morgendlichen Berufsverkehr enorm. Zwei Stunden lang musste die Busstation gesperrt werden. Auch mehrere U-Bahn-Linien waren betroffen. Auf den Straßen bildeten sich lange Staus. Viele New Yorker kamen zu spät zur Arbeit, beschlichen von Zweifeln.

„Wir müssen weiter daran arbeiten, die Sicherheit im öffentlichen Nahverkehr zu optimieren“, sagte ein Wall-Street-Banker am Telefon dieser Zeitung, „wie kann es sein, dass ein potenzieller Selbstmordattentäter mit einer Rohrbombe an einen der verletzlichsten Plätze der Stadt gelangt?“ Polizeichef O’Neill betonte, dass bereits 3000 Beamte das Verkehrsnetz kontrollierten.

Noch während des Polizei-Einsatzes in Manhattan wurde in Washington Präsident Trump von der frisch ins Amt gekommenen neuen Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen über die Geschehnisse in seiner Heimatstadt informiert. Einen schnellen Kommentar auf Twitter verkniff sich der Präsident zunächst.

Donald Trump hatte vor und nach seiner Wahl zum Präsidenten versprochen, den „Islamischen Staat“ zu zerschlagen und das Übergreifen des individualisierten Terrors, wie er in den vergangenen Jahren in Europa (Paris, Brüssel, London, Berlin, Nizza, Manchester etc.) zu beobachten war, auf das amerikanischen Festland zu verhindern.

Der gescheiterte Anschlag gibt dem US-Präsidenten nach Ansicht von republikanischen Kongressabgeordneten nun „mehr Momentum“ bei seinem Bestreben, Muslimen aus bestimmten Ländern aus Gründen der nationalen Sicherheit die Einreise zu verwehren. Dass der Täter von New York bereits seit Jahren in den USA lebte, ging wie so oft im ersten Meinungsgetümmel unter. Senator Lindsey Graham, ein inzwischen enger Vertrauter Trumps, sprach sich dafür aus, den Attentäter juristisch wie einen Terroristen zu behandeln. Und seine Sprecherin Sarah Huckabee Sanders betonte, dass der 27 Jahre alte Mann ohne den Familiennachzug nicht in die Vereinigten Staaten gekommen wäre – der US-Präsident ist gegen den Familiennachzug.