Berlin. Der Kronprinz will das streng islamische Königreich weiter liberalisieren

Während die Frau mit den dunklen langen Haaren und dem hochgeschlossenen schwarzen Chiffonkleid zum Mikrofon läuft, kreischt die Halle. Die libanesische Chansonsängerin Hiba Tawaji, ein Star in der arabischen Welt, singt vor Tausenden Zuhörerinnen im King Fahad Cultural Centre in Riad. Viele der weiblichen Besucher im Publikum schieben sich das Kopftuch zurück, einige legen die Abaya, den obligatorischen schwarzen Umhang für Frauen ab. Partystimmung in der Wüstenmetropole.

Frauen und Unterhaltung in der Öffentlichkeit: Das waren im streng islamischen Saudi-Arabien lange Jahre wie Feuer und Wasser. Frauen gehörten nach offizieller Lesart ins Haus. Ohne schriftliche Zustimmung ihres männlichen Vormunds – egal ob Ehemann oder Vater – durften sie weder studieren, heiraten oder ins Ausland reisen. Die harschen Sitten basierten bislang auf einem Bündnis zwischen der Herrscherfamilie al-Saud, die das Land seit 1932 als absolute Monarchie führt, und dem Klerus.

Doch nun wird alles anders. Musik, Theater, Laser-Shows erobern das Königreich. Kürzlich gastierte der griechische Komponist Yanni in mehreren Städten. Am Donnerstag kommt der US-Rapper Nelly nach Dschidda. Und bald soll eine der letzten Hürden der streng islamischen Gesellschaft fallen: Nach mehr als 35 Jahren hebt Saudi-Arabien das Verbot von Kinos auf. Die ersten Lichtspielhäuser sollen bereits im März 2018 geöffnet werden, teilte das saudische Ministerium für Kultur und Information mit. Kulturminister Auwad al-Auwad sprach von einem „Wendepunkt“. Bis 2030 solle es mehr als 300 Kinos im Land geben. Es sei geplant, auch internationale Filme – zum Beispiel Hollywoodproduktionen wie „Mission Impossible“ – zu zeigen, heißt es. Allerdings müsse Sorge getragen werden, dass die Streifen nicht „zu freizügig“ seien, wird in Riad kolportiert.

Damit unternimmt das islamisch-konservative Land einen weiteren Schritt in Richtung gesellschaftliche Liberalisierung. Im September wurde bereits angeordnet, im nächsten Jahr das Fahrverbot für Frauen aufzuheben. Sie sollen ab Mitte 2018 ans Steuer dürfen. Treibende Kraft hinter den Reformen ist Kronprinz Mohammed bin Salman.