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Das polnische Parlament hat am Freitag einen weiteren Teil der umstrittenen Justizreform verabschiedet. Das Gesetz gibt dem Parlament die Vollmacht, über die Besetzung des Obersten Gerichtshofs zu bestimmen. Der Sejm sollte noch über ein Gesetz abstimmen, das die Abgeordneten ermächtigt, die meisten Mitglieder des Landesjustizrates zu bestimmen. Dieses Gremium schlägt in Polen Richter vor.

Zur endgültigen Verabschiedung sind die Zustimmungen des Senats, der zweiten Kammer des Parlaments, und von Präsident Andrzej Duda nötig. Beides gilt als hochwahrscheinlich.

Unterdessen hat Duda am Freitag den Rücktritt des Kabinetts von Beata Szydlo angenommen und den bisherigen Finanz- und Wirtschaftsminister Mateusz Morawiecki zum neuen Ministerpräsidenten ernannt. Am Donnerstag hatte die Führung der rechtskonservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) entschieden, Szydlo durch Morawiecki zu ersetzen. Wegen der Justizreform liegt Polen mit der Europäischen Union über Kreuz. Kritiker werfen der Regierung vor, mit dem Gesetz die Justiz unter ihre Kontrolle bringen zu wollen. Im Juli hatte Präsident Duda das erste von drei Gesetzen der Justizreform unterzeichnet. Damit erhält der Justizminister das Recht, ohne Beteiligung anderer die Präsidenten der allgemeinen Gerichte zu ernennen und zu entlassen. Gegen das Gesetz über die Ernennung der Richter am Obersten Gerichtshof hatte er sein Veto eingelegt. Der Entwurf sah vor, dass alle Richter am Obersten Gerichtshof hätten zurücktreten müssen, falls sie nicht den Segen des Justizministers hätten.

Die Regierungspläne stoßen international auf Widerstand. Am Freitag veröffentlichte die Venedig-Kommission des Europarates eine Stellungnahme, in der sie warnte, dass die Reform die Unabhängigkeit der Justiz „einer ernsthaften Gefahr“ aussetze.