Hamburg / Berlin. Hamburg hat in Schülerleistungstests aufgeholt und gilt plötzlich als beispielhaft

Hamburger Schulsenatoren und Bildungspolitiker, aber vor allem Lehrer, Eltern und nicht zuletzt die Schüler waren es über fast zwei Jahrzehnte gewohnt, dass der Stadtstaat am Tabellenende bei Länderrankings steht. Ob es um die Leistungen der Schüler in Deutsch, Mathematik oder auch Physik ging – die „Rote Laterne“ war für Hamburg sowie die Stadtstaaten Bremen und Berlin gewissermaßen gesetzt. Von der Diskussion über den angeblich zu geringen Wert des Hamburger Abiturs ganz zu schweigen.

Doch nun das: Bei der Vorstellung der für Deutschland durchwachsenen Ergebnisse der Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU) hob die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), die baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU), Hamburg ein ums andere Mal als Vorbild hervor. Und auch das Wissenschaftlerteam um den Bildungsforscher Prof. Wilfried Bos von der TU Dortmund, das den deutschen IGLU-Teil betreute, stimmte zu.

Nun enthält die aktuelle IGLU-Studie, an der auch 4277 Viertklässler in Deutschland teilnahmen, keine länderspezifischen Auswertungen. Allerdings hatte Hamburg bei der Mitte Oktober veröffentlichten Bildungsstudie des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) beachtlich abgeschnitten. Während auch da die Leistungen der Viertklässler in Mathematik und Deutsch in den meisten Bundesländern gegenüber 2011 stagnierten oder sogar abfielen, konnten die Hamburger Grundschüler zulegen. Am deutlichsten war das Plus in Mathematik, aber auch bei den Leseleistungen konnten sich die Schüler aus dem Stadtstaat signifikant verbessern.

KMK-Präsidentin Eisenmann sieht als eine Ursache für den positiven Hamburger Trend die frühe, regelhafte Sprachförderung. Alle Viereinhalbjährigen werden einem Sprachtest unterzogen. Kinder mit erheblichen Defiziten erhalten eine gezielte Sprachförderung, damit sie möglichst bis zur Einschulung dem Unterricht folgen können. Darüber hinaus sehen Wissenschaftler und Bildungsexperten in Hamburg eine hohe Affinität zu Schülerleistungstests insgesamt. Tatsächlich werden die Leistungsstände der Schüler im Rahmen der Studie Kermit („Kompetenzen ermitteln“) klassenbezogen erhoben, sodass die Lehrer wissen, wo ihre Schüler stehen.

„Wir überprüfen erstmals regelmäßig die Lernstände der Schüler und können dadurch zielgerichtet Verbesserungen auf den Weg bringen“, sagt auch Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD). „Dieser Blick auf das Ergebnis ist für Lehrer und auch für den Senator manchmal unbequem, denn Ergebnisse können auch schlecht sein. Aber nur, wenn wir nicht weggucken, sondern genau hingucken, können wir uns verbessern.“ Außerdem könnten sich Lehrkräfte und Schüler durch den Schulfrieden besser auf den Unterricht konzentrieren. Die verbesserte Lehrerausstattung an Grund- und Stadtteilschulen ermögliche zudem eine bessere individuelle Förderung. „Ich freue mich über die Entwicklung, aber wir dürfen nicht stehenbleiben, sondern wollen noch weiter vorankommen“, sagt Rabe.