Berlin. Angehörige der Toten vom Berliner Weihnachtsmarkt schreiben Brief an die Kanzlerin

Vor dem ersten Jahrestag des Terroranschlags vom Berliner Breitscheidplatz wird Kritik an der bisherigen Unterstützung für die Hinterbliebenen und an Maßnahmen gegen Terrorismus laut. Angehörige aller zwölf Todesopfer vom 19. Dezember 2016 äußerten sich in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) unzufrieden. Auch der Beauftragte der Bundesregierung für die Opfer und Hinterbliebenen des Terroranschlags, der frühere SPD-Chef Kurt Beck, stellte Versäumnisse und Verzögerungen fest. In dem Brief werfen die Angehörigen Merkel vor, sie im Stich gelassen zu haben. „Sie werden Ihrem Amt nicht gerecht“, heißt es in dem Schreiben. So habe Merkel bis heute nicht persönlich kondoliert.

Der Anschlag am Breitscheidplatz sei auch eine tragische Folge der „politischen Untätigkeit Ihrer Bundesregierung“. In einer Zeit, in der die Bedrohung durch Islamisten zugenommen habe, habe sie es versäumt, „die Reformierung der wirren behördlichen Strukturen“ rechtzeitig voranzutreiben. Ferner äußern die Angehörigen in ihrem Schreiben die Erwartung, dass die Bundesrepublik den Familien unbürokratisch und umfassend hilft: „Gegenüber dieser Erwartung bleibt der Umfang der aktuellen staatlichen Unterstützung weit zurück.“ Der Opferbeauftragte Beck sagte der „taz am Wochenende“, viele Gesten und Hilfen seien „erst Wochen später“ erfolgt: Zwischenzeitlich habe sich bei vielen Betroffenen schon das Gefühl eingestellt gehabt, verlassen zu sein. „Viele hätten sich ein deutlicheres Zeichen der Staatsspitze gewünscht“, fügte Beck hinzu. Am 19. Dezember 2016 war der Tunesier Anis Amri mit einem Lkw auf den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche gerast. Zwölf Menschen starben, mehr als 60 wurden zum Teil schwer verletzt.