Berlin. Parteichef Schulz will zwar mit der Union reden, weiß aber nicht, ob er seine Partei in eine Koalition führen kann

Die SPD hat einen neuen Grund gefunden, um die Hürden für eine große Koalition noch höher zu legen. Parteichef Martin Schulz beschwerte sich über eine Meldung der „Bild“-Zeitung, wonach Union und SPD Gespräche über eine große Koalition verabredet hätten. Diese Meldung sei falsch. Sie stamme vermutlich aus der Union. „Wer Falschmeldungen in Umlauf setzt, der zerstört Vertrauen“, sagte Schulz. Er habe mit CDU-Chefin Angela Merkel telefoniert und ihr gesagt, dass „so etwas inakzeptabel“ sei.

Seit Tagen schon wirft die SPD den Unionsparteien vor, keine vertrauenswürdigen Partner für eine erneute Zusammenarbeit zu sein. Als Beleg dafür wird das eigenmächtige Handeln von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) in Sachen Glyphosat angeführt. Die Vorwürfe geben einerseits die Stimmung an der SPD-Basis wieder. Sie dienen zum anderen dazu, der Union möglichst große Zugeständnisse abzuringen.

Nach dem gemeinsamen Gespräch beim Bundespräsidenten am Donnerstagabend sei Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer klar gewesen, dass der SPD-Parteitag in der nächsten Woche alle Varianten einer Regierungsbildung debattieren werde. „Es gibt keinen Automatismus für eine große Koalition“, betonte Schulz. Die SPD habe viel Zeit. „Wir haben viele Optionen für eine Regierungsbildung, und wir sollten über jede reden.“ Das werde er am Montag dem Parteivorstand vorschlagen.

Der Parteichef bekräftigte, er werde alle Schritte eng mit dem Vorstand und mit Fraktionschefin Andrea Nahles absprechen. In diesem Sinne steht der SPD in den nächsten Wochen ein Marathon an Gremiensitzungen und Beschlüssen bevor. In der SPD-Spitze gibt es völlig unterschiedliche Meinungen darüber, ob und wie mit der Union künftig kooperiert werden soll. Während die Jusos strikt gegen eine große Koalition sind, sind SPD-Ministerpräsidenten wie Olaf Scholz und Stephan Weil tendenziell für eine Koalition. Andere Ministerpräsidenten wie Manuela Schwesig (Mecklenburg-Vorpommern) und Malu Dreyer (Rheinland-Pfalz) sind eher für die Tolerierung einer Minderheitsregierung. Im mächtigsten Landesverband Nordrhein-Westfalen ist die Stimmung gespalten.

Von Schulz selbst ist keinerlei eigene Haltung überliefert. Über sein vertrauliches Gespräch mit Merkel, Seehofer und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier drang nichts nach außen. Die Zusammenkunft hatte mit mehr als zwei Stunden länger gedauert als geplant. Die Runde soll in den nächsten Tagen erneut zusammenkommen, dann auch mit Fraktionschefin Nahles. Vor dem Parteitag dürfte sich Schulz auch nicht äußern.