Madrid. Spitzenkandidaten der Separatisten sitzen in U-Haft oder sind auf der Flucht

„Ich sitze im Gefängnis, aber die Katalanen kämpfen weiter“, schreibt Oriol Junqueras an die Außenwelt. Der 48-Jährige ist der Spitzenkandidat der mächtigsten katalanischen Separatistenpartei Esquerra Republicana (Republikanische Linke), der in der Regionalwahl am 21. Dezember ein Sieg vorausgesagt wird. Junqueras sitzt wie andere Ex-Mitglieder der abgesetzten katalanischen Provinzregierung seit Anfang November in Madrid in Untersuchungshaft und steuert den Wahlkampf aus der Gefängniszelle. Die Justiz beschuldigt ihn der Rebellion, des Anzettelns eines Aufstandes und der Veruntreuung von Millionengeldern. Per Twitter rief er dieser Tage seine Anhänger zum Durchhalten auf: „Egal wie lange das Gewitter dauert, die Sonne kommt immer wieder durch die Wolken.“

Der Republikaner-Spitzenmann, dessen Partei bei der Wahl im Dezember laut Umfragen mit 24-29 Prozent stärkste Partei Kataloniens werden könnte, hat vorgesorgt: Per Brief aus seiner Zelle schlug er die bisherige Nummer zwei der Partei, Marta Rovira, als Kandidatin für das Amt des katalanischen Regierungschefs vor. „Es wird Zeit, dass eine Frau an der Spitze steht“, schrieb Junqueras. Er gab zu verstehen, dass es um mehr als ein neues Parlament geht. Wichtigsten Programmpunkt seiner Partei: Die Abspaltung Kataloniens von Spanien.

Auch der zweite große Protagonist dieser Wahl, der frühere katalanische Regierungschef Carles Puigdemont, wird nur aus der Ferne teilnehmen können. Puigdemont ist Spitzenkandidat der laut Umfragen zweitgrößten Unabhängigkeitspartei Junts per Catalunya (gemeinsam für Katalonien). Da er sich der spanischen Justiz durch Flucht nach Belgien entzog, wird er nun per Haftbefehl gesucht und kämpft in Brüssel gegen seine Auslieferung an Spanien.

Meinungsforschern zufolge ist freilich fraglich, ob das Wahlergebnis eine Entschärfung des brodelnden Konfliktes bringen wird. Die drei Parteien der Unabhängigkeitsbewegung kommen in Umfragen zusammen auf 45-48 Prozent der Stimmen. Bei der vergangenen Wahl 2015 hatten sie 47,8 Prozent geholt. Auch das Gewicht der prospanischen Parteien bleibt, den Erhebungen zufolge, mit insgesamt 40-43 Prozent etwa gleich. Den Ausschlag dürfte die linksalternative Liste Catalunya en Comú (Gemeinsam für Katalonien). Sie sieht ein Unabhängigkeitsreferendum nach schottischem Vorbild als besten Weg an, um den katalanischen Dauerstreit zu lösen.