Damaskus. Niederlage bedeutet nicht das Verschwinden der Extremisten. Nato warnt vor Anschlägen.

Die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) hat ihr Herrschaftsgebiet in Syrien und im Irak fast vollständig verloren. Syrische Regierungskräfte nahmen am Donnerstag mit der Grenzstadt Albu Kamal die letzte größere IS-Bastion im Osten des Bürgerkriegslandes ein, wie die Armeeführung mitteilte. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete, die Extremisten hätten sich nach heftigen Kämpfen aus dem Ort zurückgezogen.

Die Nato warnte, aus den Gebietsverlusten des IS könnte die Gefahr von Anschlägen erwachsen. „Unsere Arbeit ist nicht getan“, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg während eines Treffens der Anti-IS-Koalition in Brüssel. Während der IS Gebiete verliere, „könnte er versuchen, seine Bedeutung zu beweisen, indem er Terrorangriffe in der Region und darüber hinaus verstärkt, auch hier in Europa.“ Auch US-Verteidigungsminister James Mattis warnte die Verbündeten: „Trotz der Erfolge ist unser Kampf nicht vorbei.“ Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erklärte während eines Besuchs bei französischen Truppen in Abu Dhabi, der Kampf gegen den IS könnte in anderen Teilen der Welt noch Jahre weitergehen.

IS hatte große Teile des Iraks und Syriens überrannt

Nach Angaben der US-geführten Anti-IS-Koalition haben die Extremisten mittlerweile rund 96 Prozent ihres ehemaligen Herrschaftsgebietes in Syrien und im Irak verloren. Bereits in den vergangenen Monaten waren sie aus den Städten Mossul im Nordirak sowie Al-Rakka und Dair as-Saur in Syrien vertrieben worden. Dem IS bleiben jetzt fast nur noch Wüstengebiete an der Grenze zwischen den beiden Ländern.

Syriens Armeeführung erklärte weiter, die Einnahme Albu Kamals sei ein Erfolg von „großer Bedeutung“, weil damit das Vorhaben des IS vollständig zum Scheitern gebracht worden sei. Unter Kontrolle der Organisation bleibe nur noch ein rund 60 Kilometer langer Streifen entlang des Flusses Euphrat. Die Herrschaft über das frühere IS-Gebiet in Syrien ist nun größtenteils zwischen Regierungskräften und einem von Kurden angeführten Bündnis aufgeteilt.

Der IS hatte vor drei Jahren große Teile des Iraks und Syriens überrannt. Den Höhepunkt ihrer Macht erreichte die Miliz im Sommer 2014, nachdem sie die Großstadt Mossul in nur wenigen Stunden unter Kontrolle bringen konnte. Al-Bagdadi ließ kurz danach ein „Islamisches Kalifat“ ausrufen und machte sie selbst zum „Kalifen“. Unklar ist, ob der IS-Chef noch lebt. Nach den militärischen Niederlagen ist damit zu rechnen, dass die Extremisten untertauchen und auf Terroranschläge und Guerilla-Taktik setzen, wie sie es bereits in der Vergangenheit getan hatten. Zudem konzen­trierte sich ihre Aktivität zuletzt stärker auf andere Länder. So kam es etwa in Afghanistan zu Anschlägen, zu denen sich die IS-Terrormiliz bekannte.