Berlin.

Mit Blumen, Kerzen und einer Andacht ist in Berlin an den Fall der Mauer vor 28 Jahren erinnert worden. In der zentralen Mauer-Gedenkstätte an der Bernauer Straße steckten am Donnerstag mehrere Hundert Menschen rote und gelbe Rosen in ein original erhaltenes Stück der Mauer. Auch Kerzen wurden entzündet. In der Kapelle der Versöhnung auf dem früheren Todesstreifen wurde der Mauertoten gedacht.

Allerdings kocht derzeit auch die Ossi-Wessi-Debatte, die viele längst überwunden glaubten, neu hoch. Einen Stein ins Wasser geworfen hatte dabei der Chef der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger. Er sagte, die westdeutschen Eliten dominierten bis heute den Osten. Das werde als „kultureller Kolonialismus“ erlebt, so der einstige DDR-Bürgerrechtler in der „Berliner Zeitung“. Er bezog sich auf eine Studie und sieht eine wachsende Entfremdung von staatlichen Institutionen und Demokratie.

Die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur hat dieser Deutung widersprochen. Die Unterscheidung in Ossi und Wessi sei zum Klischee verkommen, das aber gern fürs Eliten-Bashing benutzt werde, sagte Geschäftsführerin Anna Kaminsky. Damit werde eine Debatte von gestern angeheizt, die heutige Ressentiments im Osten nur verstärke. „Die Herkunft wird vor allem dann zum Problem stilisiert, wenn Erwartungen enttäuscht werden und die allgemeine Unzufriedenheit zunimmt“, sagte Kaminsky. Wie widersprüchlich das sei, habe die Bundestagswahl gezeigt. Die AfD wurde im Osten zweitstärkste politische Kraft – eine Partei, die mit zwei westdeutschen Spitzenkandidaten antrat, wie Kaminsky zu bedenken gibt.

Die Stiftung sieht eine zunehmende Verklärung der Vergangenheit – bei Ost- und Westdeutschen gleichermaßen. „Der weichzeichnende Blick in die Vergangenheit ist eine Reaktion auf die allgemeine Verunsicherung der Gegenwart“, schätzte Kaminsky ein.

Es gebe noch systematische Unterschiede zu Westdeutschland, so Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in ihrer jüngsten Videobotschaft. Deshalb werde es auch künftig „eine spezifische Förderung“ für die neuen Bundesländer geben, versprach die CDU-Politikerin schon vor Bildung einer neuen Regierung.