Berlin. Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire wirbt in Berlin für mehr Europa

Die französisch-deutsche Charme-Offensive läuft auf Hochtouren – und sie kennt offenbar keine Pausen. Bereits im Frühjahr hatte Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron, damals noch Präsidentschaftskandidat, die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) über den grünen Klee gelobt. Einen Tag nach seiner Wahl in den Élysée-Palast am 7. Mai düste Macron nach Berlin, um den Schulterschluss mit der Kanzlerin zu demonstrieren. Im Gepäck hatte er aber schon damals Themen, die hierzulande als sperrig angesehen wurden: ein milliardenschweres Budget für die Eurozone, ein Eurozonen-Parlament sowie einen eigenen Finanzminister für den Währungsverband.

Seitdem hat Macron nicht lockergelassen. Eine Woche nach der Bundestagswahl am 24. September machte sich Frankreichs Präsident in einer Rede an der Universität Paris-Sorbonne-für eine Vertiefung Europas stark. Merkel, die sich gerade überlegte, mit wem sie Sondierungsgespräche führen wollte, musste dies zumindest als sanften Druck empfinden.

Doch damit nicht genug. Nun schickte Macron seinen Vertrauten Bruno Le Maire nach Berlin. Der französische Wirtschafts- und Finanzminister platzte am Mittwoch mitten in die Sondierungsgespräche zwischen CDU, CSU, FDP und Grünen. Generalthema: eine größere Integration der Eurozone. Ein absolutes Novum – bislang galt die Phase bis zur Bildung einer Regierung für Impulse aus dem Ausland als ein Tabu. Le Maire sprach mit FDP-Chef Christian Lindner, dem Grünen-Vorsitzenden Cem Özdemir, CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn sowie mit Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble. Ein Abendessen mit Peter Altmaier, Kanzleramtschef und geschäftsführender Finanzminister, rundete den Besuchsreigen ab.

Le Maire warb für das volle Eurozonen-Programm seines Chefs: Banken- und Kapitalmarktunion, Angleichung der Steuersätze, die Stärkung des Eurorettungsschirms ESM und den Aufbau einer „Fiskal-Kapazität“. Damit meinte der Franzose einen europäischen Geldtopf, mit dem Investitionen angekurbelt werden sollen. Das Wort „Eurozonen-Budget“ vermied er, weil es in Deutschland negativ besetzt ist und nach mehr Beiträgen für Brüssel klingt. Erst im letzten Schritt solle es einen Finanzminister für die Eurozone geben. Derlei Forderungen stoßen insbesondere beim FDP-Vorsitzenden Lindner auf Widerstand. Es habe in der Unterredung Differenzen gegeben – „aber keine unüberwindbaren“, sagte Le Maire später. „Wir hoffen wirklich, dass es in dem Koalitionsvertrag auch Raum für Verhandlungen gibt.“