Berlin .

Nachdem weltweit mehrere Zeitungen enthüllt haben, wie Konzerne und reiche Privatpersonen Steuern sparen oder vermeiden, will die EU-Kommission reagieren. Zu den Ländern, die solche – legalen – Steuermodelle anbieten und deshalb stark in der Kritik stehen, gehören auch die EU-Mitgliedstaaten Irland und die Niederlande.

„Es ist absolut nötig, dass wir unser Programm gegen Steuervermeidung und aggressive Steuerplanung beschleunigen“, sagte EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici am Dienstag beim Treffen der EU-Finanzminister in Brüssel. Dazu gehöre, dass die EU ihre „Schwarze Liste“ der Steueroasen so schnell wie möglich fertigstellen müsse. Auch der geschäftsführende Bundesfinanzminister Peter Altmaier (CDU) befürwortet eine solche Liste. „Deutschland unterstützt den Vorschlag der EU-Kommission“, sagte Altmaier nach dem Treffen mit seinen Kollegen. „Es ist ein wichtiges Vorhaben.“ Die weiteren Schritte sollten im Dezember beschlossen werden.

Die EU-Staaten arbeiten seit geraumer Zeit an einer gemeinsamen Liste von Drittstaaten, gegen die es steuerrechtliche Bedenken gibt oder die sich beim Datenaustausch unkooperativ verhalten. Die Liste sollte Ende 2017 fertiggestellt sein. Ein Effekt dieser Zusammenstellung soll sein, bisherige Steueroasen durch das öffentliche Anprangern zu Gesetzesänderungen zu bewegen. Bislang legen die Mitgliedsstaaten eigene Listen an, die aber ganz unterschiedlichen Kriterien folgen.

Ob und wie gegen EU-Staaten vorgegangen wird, die Konzernen günstige Steuersätze anbieten, blieb unklar. Die Berichte, die unter anderem in der „Süddeutschen Zeitung“ erschienen sind, illustrieren, wie beispielsweise der Computerkonzern Apple, der Sportartikelhersteller Nike oder auch Wohnungsfirmen ihre Steuerzahlungen senken: Sie errichten weltweit Firmen, die oft nur Briefkastenfirmen sind und schieben die Gewinne ihres eigentlichen Geschäfts so lange hin und her, bis die Steuerbelastung stark sinkt. Apple etwa soll eine Lücke im irischen Steuerrecht genutzt haben, um in keinem Land Steuern zahlen zu müssen.

Nach Angaben des Unternehmens enthalten die Berichte „Ungenauigkeiten“. Der Konzern sei der größte Steuerzahler weltweit. Auch der Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton soll Briefkastenfirmen besitzen. Eine dieser Firmen auf der Isle of Man soll er genutzt haben, um beim Kauf eines Privatjets mehr als vier Millionen Euro Mehrwertsteuer zu sparen. Die meisten der in den Berichten beschriebenen Sparmodelle sind legal. In Anspielung auf das Wort Steuerparadies wurden die Dokumente von internationalen Beratungsfirmen, die den Medien unter der Hand zugespielt wurden, „Paradise Papers“ getauft.

Nach Angaben des Netzwerks für Steuergerechtigkeit (TJN) fehlen den Staaten weltweit jedes Jahr mehr als 400 Milliarden Euro, weil internationale Konzerne zu wenig Steuern zahlen. In Deutschland soll sich der öffentliche Verlust wegen dieser Steuervermeidung auf jährlich 17 Milliarden Euro summieren.

Immerhin hat die Bundesregierung bereits einiges getan, um Steueroasen und Briefkastenfirmen unattraktiv zu machen. Beschlossen wurden für Europa und Deutschland sogenannte Transparenzregister. Darin steht für jedes registrierte Unternehmen, wem es gehört und wer die wirtschaftlich Begünstigten sind, also die wahren Nutznießer der Gewinne.

Wie am Dienstagabend bekannt wurde, werden mehrere deutsche Banken im Zusammenhang mit den „Paradise Papers“ Medienberichten zufolge verdächtigt, mit illegalen Internet-Casinos Geschäfte zu machen und systematisch gegen deutsche Gesetze zu verstoßen. Einige Geldhäuser wie die DZ-Bank, die Postbank und die Hypovereinsbank nähmen Geld für unerlaubte Glücksspielangebote entgegen, berichteten „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“) und NDR. Andere Banken wie die Wirecard Bank führten für Offshore-Glücksspielanbieter Konten, über die Auszahlungen an Spieler abgewickelt würden.

Die Zahlungsabwicklung könne „nach hiesiger Einschätzung eine Straftat der Beihilfe zur Veranstaltung von unerlaubtem Glücksspiel“ und den „Straftatbestand der Geldwäsche“ erfüllen, zitierte die „SZ“ das niedersächsische Innenministerium sowie mehrere Banken- und Strafrechtsexperten.