Berlin. Die Junge Union fordert Seehofers Rücktritt. Nun hat der Parteivorsitzende reagiert

Er wollte schweigen – es ging nicht mehr. Am Sonntag hat CSU-Chef Horst Seehofer geredet und auf Rücktrittsforderungen reagiert. Wenige Sätze nur. Und doch gaben sie einen Einblick in seine Seelenlage: Es zerreißt ihn.

Auf der einen Seite will sich der bayrische Ministerpräsident „in keiner Weise beeinflussen“ lassen, zumal mitten in Sondierungsgesprächen in Berlin. Danach werde es von ihm „eine klare und deutliche Reaktion“ geben“, kündigte er in der „Bild am Sonntag“ an. Noch immer glaubt er, sein Schicksal hänge am Ergebnis der „Jamaika“-Gespräche.

Einstimmig beschlossen im Vorstand war, die Personaldebatte so lange ruhen zu lassen. Seehofers Zermürbung aber folgte einer anderen, unerbittlichen Strategie: Die Wochen seit der Bundestagswahl, bei der die CSU historisch schlecht abschnitt, erlebte er als „unterbrochenenes Trommelfeuer gegen meine Person“. Vorläufiger Höhepunkt war die JU-Versammlung am Wochenende in Erlangen. Die JU erklärte, „für einen Erfolg bei der Landtagswahl im kommenden Jahr braucht es einen glaubwürdigen personellen Neuanfang“. JU-Chef Hans Reichhart: „Wir wollen ein neues Gesicht als Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2018“. Der Nachwuchs war sauer, weil Seehofer seinen Gastauftritt abgesagt hatte. Der CSU-Chef hätte sich bei der JU-Versammlung der Kritik am Bundestagswahlergebnis stellen müssen, so Reichhart. „Da kann man nicht sagen: Diskutiert nicht über die Ursachen.“ Umgekehrt wird aber auch ein Schuh daraus: Sagte Seehofer ab, weil er nicht vorgeführt werden wollte?

Nutznießer des Streits ist Finanzminister Markus Söder. Seehofers Rivale analysierte in Erlangen die Bundestagswahlniederlage: „Wir hatten keinen Verlust an Ideen, wir hatten ein Stück Verlust an Glaubwürdigkeit.“ Es müsse wieder gelten: „Eine Partei, ein Wort.“ Die JU habe Rückgrat gezeigt, so Söder, „meinen Respekt davor, toll gemacht.“

Es kommt vieles zusammen: Fundierte Kritik, Frust über das schlechte Abschneiden in Berlin, Zweifel an Seehofers Zugkraft bei der bayrischen Landtagswahl 2018, Angst um den Verlust der absoluten Mehrheit, schlussendlich auch Karrierepläne. Die CSU wird in Berlin zwei bis drei Kabinettsposten besetzen, gleichzeitig hat Seehofer auch eine Regierungsumbildung im Freistaat angekündigt. Wer sich schon jetzt gegen ihn positioniert hat, kann sich ausrechnen, dass er leer ausgehen wird, und dass er bei Söder besseren Karten haben wird.

Wie eine Kampfkandidatur ausgehen würde, ist offen. Momentan verschaffen sich Seehofers Kritiker Gehör. Aber ihm sind noch viele Unterstützer geblieben, Dobrindt, Aigner oder etwa der Europapolitiker Manfred Weber. Die Beschlusslage ist klar, „es bleibt dabei, dass innerparteiliche Fragen der CSU erst nach Abschluss der Sondierungsgespräche diskutiert werden sollten“, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. Aber die Machtfrage verträgt keinen Aufschub. Wen kann man mit der Beschlusslage noch disziplinieren?