Brüssel.

Die spanische Justiz greift nach der Absetzung der katalanischen Regionalregierung jetzt hart durch: Der Generalstaatsanwalt beantragte am Donnerstag einen Europäischen Haftbefehl für den nach Belgien geflüchteten Ex-Regionalpräsidenten Carles Puigdemont und vier seiner Mitstreiter. Sie waren wie angekündigt nicht zu einer Anhörung in Madrid gekommen. Mehrere Mitglieder der entmachteten Regionalregierung erschienen zwar vor Gericht, müssen nun aber in Untersuchungshaft. Puigdemont hatte erklärt, dass er vorerst nicht nach Spanien zurückkehren werde, weil er keinen fairen Prozess erwarte.

Der 54-jährige spielt offenbar auf Zeit – langfristig wird er seine Auslieferung nur verhindern können, wenn er untertaucht. Der Europäische Haftbefehl, über den nun zunächst der Nationale Gerichtshof in Madrid entscheiden muss, bevor er Belgien übermittelt wird, dient der beschleunigten Auslieferung eines Verdächtigen zwischen zwei EU-Staaten. Anders als sonst üblich sind die Regierungen an dem Verfahren nicht beteiligt, es wird direkt zwischen den Justizbehörden abgewickelt und dauert in der Regel nicht länger als 60 Tage. Grundsätzlich werden Entscheidungen in Strafsachen gegenseitig anerkannt. Allerdings gibt es Verzögerungsmöglichkeiten: Puigdemont hat sich gezielt den belgischen Rechtsanwalt Paul Bekaert ausgewählt, der von sich selbst sagt, er habe entsprechende Erfahrungen mit der spanischen Justiz. Der Asylrechtsspezialist hatte in mehreren Fällen erreicht, dass Belgien mutmaßliche Unterstützer der baskischen Terrororganisation ETA nicht nach Spanien auslieferte. Hintergrund waren damals Foltervorwürfe von ETA-Inhaftierten. Bekaert dürfte jetzt als Erstes geltend machen, dass Puigdemont per Videokonferenz in Belgien angehört werden könnte. Und: „Wir werden prüfen, ob die angedrohten Strafen nicht unverhältnismäßig sind und ob die Grundrechte respektiert werden“, sagte er in Brüssel. Gegen ein erstinstanzliches Urteil der belgischen Justiz werde er gegebenenfalls Berufung einlegen. Bekaert ist sich deshalb sicher, dass sein Mandant vorerst nicht nach Spanien zurückkehren muss. Puigdemont werde aber mit den spanischen und belgischen Behörden kooperieren. Nach wie vor sei es auch eine Option, Asyl zu beantragen – die Aussichten dafür, meint der Anwalt, seien allerdings nicht gut.