Washington.

Der schlimmste Anschlag in New York seit dem 11. September 2001 hat erneut die Frage nach der Verwundbarkeit urbaner Zentren durch Terrorattacken aufgeworfen. Wie zuvor in diesem Jahr in London (drei Attentate), Stockholm und Barcelona wurde dabei ein Fahrzeug als Mordwaffe eingesetzt. Ein mit dem Terrornetzwerk „Islamischer Staat“ (IS) in Verbindung stehender Immigrant mit usbekischen Wurzeln überfuhr am Dienstag mit einem Pick-up-Truck auf einem Radweg Fußgänger und Fahrradfahrer. Acht Menschen starben. Elf weitere, darunter eine Deutsche, wurden verletzt.

Wie hat sich die Tragödie ereignet?

Gegen 15 Uhr (Ortszeit) fuhr der Täter mit einem gemieteten Kleintransporter einer Baumarktkette im Süden Manhattans auf den beliebten Rad- und Fußweg am Hudson River. Über eine Strecke von rund 1,5 Kilometern rammte der weiße Wagen mit hoher Geschwindigkeit etliche Menschen und kam erst in Höhe der Chambers Street nach Aufprall auf einen Schulbus verbeult zum Stehen. Der Fahrer stieg aus, ein Luft- und ein Paintball-Gewehr schwenkend, und rief laut Ohrenzeugen „Allahu akbar“ (Gott ist groß). Der Streifenpolizist Ryan Nash setzte den auf einem Handy-Video zu erkennenden Bartträger mit einem Bauchschuss außer Gefecht. Sein Zustand nach einer Operation wurde von den Behörden als stabil bezeichnet.

Wer sind die Opfer?

Sechs Menschen starben an Ort und Stelle, darunter fünf Männer einer zehnköpfigen Gruppe aus Argentinien, die gemeinsam den 30. Jahrestag ihres Hochschulabschlusses feiern wollten. Eine 31-jährige Belgierin, Mutter zweier Kinder, starb ebenfalls auf dem Radweg. Zwei weitere Personen erlagen im Krankenhaus ihren schweren Verletzungen.

Was ist über den Täter bekannt?

Saifullo Saipow kam vor sieben Jahren aus Taschkent, der Hauptstadt von Usbekistan, in die USA. Er lebte zunächst bei Bekannten in Cincinnati/Ohio. Der 29-Jährige hat einen legalen Aufenthaltsstatus (Green Card), ist seit 2013 mit einer damals 19-Jährigen verheiratet, hat drei Kinder und Wohnsitze in Paterson/New Jersey und Tampa/Florida. Der Berufskraftfahrer arbeitete zuletzt für den Fahrdienst Uber. Den Tatwagen mietete er eine Stunde zuvor in Passaic/New Jersey.

Was weiß man über sein Motiv?

Im Auto fand die Polizei eine handschriftliche Notiz, die Saipow als IS-Sympathisanten ausweist. Der Gouverneur von New York, Andrew Cuomo, nannte Saipow einen „verkommenen Feigling“, der sich in den USA radikalisiert habe. Wegen eines nicht bezahlten Bußgelds für ein Verkehrsdelikt musste Saipow 2016 vor Gericht. Davon abgesehen ist er polizeilich nicht auffällig geworden. Bundesbehörden war er trotzdem bekannt, schreiben amerikanische Zeitungen. Warum, ist noch offen. FBI und New Yorker Polizei gehen davon aus, dass er als Einzeltäter gehandelt hat.

Was sagen Verwandte, Freunde und
Arbeitskollegen?

Die Befragungen haben erst begonnen. Kobiljon Matkarow, ein Usbeke, der Saipow in Florida unter seine Fittiche genommen hatte, sagte: „Er war ein sehr guter Mann, als ich ihn kannte. Er mochte die USA. Er wirkte überhaupt nicht wie ein Terrorist.“ Ein Lebensmittelhändler in Saipows Wohnort Paterson, rund 30 Kilometer westlich von Manhattan, sagte dagegen, dass der schmächtig gebaute Mann immer „leicht aufbrausend“ war und regelmäßig Angestellte „schikanierte“.

Was tun die Ermittler als Nächstes?

Saipow ist vernehmungsfähig. Er soll bei der ersten Begegnung mit der Polizei keine Reue gezeigt haben. Die Auswertung seines Mobiltelefons und Computers läuft. Das FBI wird auch über die Masjid-Omar-Moschee in Paterson, wo Saipow betete, rekonstruieren, wie die Radikalisierung vonstattenging. Eine Verbindung zur Islamistischen Bewegung Usbekistans (IMU) wird nicht ausgeschlossen.

Wie reagiert Präsident Donald Trump?

Stunden nach dem Anschlag verbreitete der US-Präsident Kurzmitteilungen auf Twitter, die Stärke und Tatkraft vermitteln sollten. „Wir dürfen es nicht zu- lassen, dass der IS in unser Land zurückkehrt oder -gelangt, nachdem wir ihn im Nahen Osten oder anderswo besiegt haben. Es reicht“, schrieb er auf Twitter. Danach wies der Präsident das amerikanische Heimatschutzministerium an, die „bereits extremen Sicherheitsüberprüfungen“ für Einwanderer nochmals zu verschärfen. Was das im Fall von Saipow genutzt hätte, der seit dem Jahr 2010 legal in den Vereinigten Staaten lebt, war zunächst nicht ersichtlich.

Werden die Gesetze erneut verschärft?

Saipow kam über eine 1990 von den Demokraten eingeführte Lotterie („Diversity Visa“) an seinen Aufenthaltstitel. Dabei wurden bisher jedes Jahr 50.000 Menschen nach intensiver Überprüfung mit einer Green Card ausgestattet. Gestern erneuerte Trump seine Kritik: „Wir müssen diesen Wahnsinn stoppen.“ In US-Medien wird erwartet, dass Trump seine restriktive Einwanderungspolitik (Einreiseverbot für Menschen aus bestimmten muslimischen Ländern) noch rigoroser betreiben wird.