Washington. Ein Krimi aus der Zeit der amerikanischen Präsidentenwahl kocht wieder hoch. Welche Rolle spielten die Demokraten?

Die Aufklärung der Russland-Affäre um mögliche illegale Absprachen zwischen Donald Trumps Truppe und dem Kreml vor der US-Wahl vor einem Jahr ist seit Donnerstag ein Stück schwieriger geworden. Führende US-Medien wie das „Wall Street Journal“ fordern den Rücktritt des Sonderermittlers und ehemaligen FBI-Chefs Robert Mueller.

Auslöser ist eine neue Wendung im Krimi um ein aus russischen Geheimdienstkreisen gefüttertes Dossier eines ehemaligen britischen Spions, das kompromittierendes Material über Trump enthält und vor einem Jahr zum ersten Mal bekannt wurde. Unter anderem geht es um ein Video mit Prostituierten, das bei einem Trump-Besuch in Moskau 2013 in einem Hotel aufgenommen worden sein soll. Trump hat die Vorwürfe als „Müll“ und „frei erfunden“ bezeichnet.

Jetzt stellt sich laut Recherchen der „Washington Post“ heraus, dass die Kampagne seiner damaligen Rivalin Hillary Clinton und die Parteispitze der Demokraten am Zustandekommen der „Schmuddel-Akte“, die auch bei Muellers Ermittlungen eine Rolle spielt, maßgeblich beteiligt war. Spitzenvertreter beider Seiten, auch die ehemalige Kandidatin selbst, schweigen bisher oder streiten eine Mitwisserschaft ab.

Dagegen ist laut „Washington Post“ belegt: Über einen Anwalt sind knapp neun Millionen Dollar an die in Washington ansässige Firma Fusion GPS geflossen. Die nahm die Dienste des früheren britischen MI-6-Geheimdienstmitarbeiters Christopher Steele in Anspruch, der 2016 einen 35-seitigen Bericht über Trump zusammenstellte. Grundtenor: Trump ist von den Russen erpressbar.

Der ganze Inhalt wurde im Januar nur im Internet-Portal Buzzfeed veröffentlicht. Namhafte Medien verzichteten weitgehend auf die Verbreitung der anrüchigen Details, weil sie damals nicht von unabhängiger Seite überprüft werden konnten und es offenkundige Fehler gab.

Dass Steele in US-Geheimdienstkreisen einen hervorragenden Ruf hat, dass sich etliche Schilderungen inzwischen als wahrheitsgemäß herausgestellt haben, dass Sonderermittler Mueller den Briten vor wenigen Tagen in Europa einvernehmen ließ, ging im allgemeinen Politik-Lärm Washingtons unter. Wie auch die Tatsache, dass außer den Demokraten auch ein bisher unbekannter republikanischer Geldgeber vor der Wahl Fusion GPS damit beauftragt hatte, Trumps Vita nach skandalisierbaren Schwachstellen auszuleuchten. Seit die Verwicklung der Demokraten in die Sache quasi offiziell ist, gehen Trump und sein publizistisches Umfeld in die Offensive. „Es ist eine Schande. Der Präsident ist hier das Opfer“, erklärte der 71-Jährige und wiederholte seinen Vorwurf: „Alles Fake News.“ Breitbart, geleitet von seinem Ex-Berater Stephen Bannon, titelte: „Clinton und der demokratische Parteivorstand bezahlten für Schmutz.“ Das „Wall Street Journal“ schließlich schlug den Bogen zu Sonderermittler Mueller. Weil das FBI um die Akte Steele wusste und das Dokument Bestandteil der Russland-Ermittlungen sei, könne der frühere Chef der Bundespolizei keine „kritische Distanz“ mehr wahren und solle besser zurücktreten.

Kommentatoren anderer Medien, etwa der „Washington Post“, erkennen in dem Gegenangriff der Trump-Seite den Versuch, „möglichst viel Verwirrung zu stiften“. Sie erinnern daran, dass das bezahlte Ausspionieren des politischen Gegners („oppo research“) mit detektivischen Methoden seit Jahren vor Präsidentschaftswahlen in beiden Parteilagern Tradition hat. Wer Steele/Fusion GPS bezahlt habe, sei zweitrangig. Es komme auf den Wahrheitsgehalt der Resultate an.

Ein Argument, das Trump selber nannte, als bekannt wurde, dass sich sein Sohn Donald Jr. im Sommer 2016 in New York mit einer eng mit dem Kreml verbundenen russischen Anwältin getroffen hatte, die vorgab, belastendes Material über Hillary Clinton zu besitzen. „Jeder hätte dieses Treffen wahrgenommen“, sagte Trump Senior. „Es heißt: Ausforschung der Gegenseite.“

Über diese Feinheiten spricht der Präsident, der FBI-Chef James Comedy entließ, weil er die Russland-Ermittlungen nicht stoppte, und den New Yorker Staatsanwalt Preet Bharara feuerte, der russische Geschäftspartner Trumps im Visier hatte, nicht. „Dass die Demokraten die Schmuddel-Akte finanziert haben“, sagte ein Politikwissenschaftler der American University, „dient Trump als willkommene Munition, um das Clinton-Lager der Scheinheiligkeit zu bezichtigen.“