Brüssel.

Schlechte Vorzeichen für den britischen EU-Austritt: Die Brexit-Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien sind nach vier Monaten derart festgefahren, dass das erste Etappenziel bereits klar verfehlt wird. Man stecke „in einer Sackgasse“, sagte EU-Chefunterhändler Michel Barnier am Donnerstag in Brüssel zum Abschluss der fünften Runde. Für den ursprünglichen Plan, im Oktober mit der zweiten Phase der Verhandlungen zu starten und dann neben den Austrittsregularien über die künftigen Beziehungen zu reden, seien zu wenig Fortschritte erreicht worden. Die formelle Entscheidung obliegt zwar den Regierungschefs, doch gilt es als sicher, dass der EU-Gipfel kommende Woche Barniers Einschätzung folgt und frühestens im Dezember die nächste Etappe startet.

Der britische Chefunterhändler David Davis sah dagegen „signifikante Fortschritte“ und drängte darauf, die Verhandlungen auszuweiten. Der Konflikt konzentriert sich inhaltlich auf die finanziellen Forderungen der EU an Großbritannien, die auf 60 bis 100 Milliarden Euro beziffert werden. Doch dahinter steht ein Streit um die Verhandlungsdramaturgie: Die EU beharrt darauf, erst die Austrittsdetails zu klären, bevor über die Zukunft gesprochen wird – die Briten hatten dies anfangs hingenommen, jetzt wollen sie aber finanzielle Zusagen erst im Paket mit der Ausgestaltung der künftigen Beziehungen machen. So gibt es nun zwar Fortschritte bei der Nordirland-Frage und den künftigen Rechten von EU-Bürgern in Großbritannien. Bei den Finanzverpflichtungen aber herrsche „Besorgnis erregender Stillstand“, klagte Barnier.

Obwohl die Zeit bis zum Austritt im März 2019 drängt, schätzen Diplomaten in Brüssel die Lage noch nicht als aussichtslos ein: Schließlich habe Premierministerin Theresa May in Florenz zugesagt, dass Großbritannien seinen finanziellen Verpflichtungen nachkommen wird. „Aber das muss jetzt auch in die Verhandlungspapiere“, heißt es. Dass eine mehrjährige Übergangsphase für den Austritt vereinbart werden muss, wie May es vorgeschlagen hat, gilt als sicher – andernfalls käme es zu einem Chaos-Ausstieg mit Nachteilen für beide Seiten.