Berlin.

Vor den Sondierungen für eine Jamaika-Koalition hat die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, die CSU zur Mäßigung aufgerufen. „Es ist nicht besonders klug, über die Identität möglicher zukünftiger Partner noch vor dem ersten gemeinsamen Gespräch herzuziehen“, sagte Göring-Eckardt dieser Zeitung. „Grundsatzstreits über die politische Kultur und Geschichte der jeweils anderen Parteien führen nirgendwo hin.

Zuvor hatte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt gesagt, die Grünen müssten akzeptieren, dass ihre Chance darin bestehe, einer bürgerlichen Regierung von CDU, CSU und FDP beizutreten. Er fügte in unserer Zeitung hinzu: „Wir werden keine linken Spinnereien dulden.“

Göring-Eckardt entgegnete: „Wir lassen uns davon nicht provozieren, aber wir werden das im ersten Gespräch in der nächsten Woche ansprechen.“ Damit es überhaupt zu einer Jamaika-Koalition kommen könne, sei die gegenseitige Anerkennung der jeweils unterschiedlichen Identität der vier möglichen Partner eine elementare Grundvoraussetzung.

Auch CSU-Chef Horst Seehofer hat an die Verantwortung aller Beteiligten appelliert. „Das ist eine ganz wichtige Geschichte, zu versuchen, eine stabile Regierung für Deutschland zu bilden. Das ist ja auch der Wählerauftrag“, sagte er am Mittwoch vor einer Sitzung der Landtags-CSU in München. Der bayerische Ministerpräsident sagte aber auch, wenn es keine „vernünftigen Ergebnisse“ gebe, „dann kann man halt nicht einer Regierung beitreten“.

Die FDP hat die Größe der Verhandlungsteams von Union und Grünen für die kommende Woche anstehenden Koalitionssondierungen kritisiert. „Ich halte es für einen Kardinalfehler, in den Verhandlungsrunden in Kompaniestärke anzutreten“, sagte der stellvertretende Vorsitzende Wolfgang Kubicki dem „Focus“. Dies sei „nicht vertrauensbildend und keine Grundlage für gute und vertrauliche Verhandlungen“. Kubicki, der in Schleswig-Holstein im Frühjahr eine Jamaika-Koalition mitverhandelt hat, sagte, nötig seien Sondierungsgespräche im kleinen Kreis. „Sonst wird es schwer, eine vernünftige Grundlage zu finden.“ CDU und CSU wollen in die Gespräche 28 Politiker entsenden, die Grünen 14. Ein Sprecher der Bundes-FDP sagte, die FDP halte dies nicht für klug. Ihr schwebten Delegationen mit einer Handvoll Unterhändler vor. Die Liberalen wollen ihr Verhandlungsteam spätestens bei den Gremiensitzungen am Montag festlegen. Als gesetzt gilt aber, dass Parteichef Christian Lindner, sein Stellvertreter Kubicki und Generalsekretärin Nicola Beer dazugehören werden.

Bei Unionsanhängern genießt Bundeskanzlerin Angela Merkel trotz des schlechten Wahlergebnisses weiter hohes Ansehen. Vier von zehn Unionswählern würden sich nur ihretwegen für CDU oder CSU entscheiden. Das ergab eine repräsentative Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Insa. Hochgerechnet liege dieser Wert für alle Wähler bei 13 Prozent, sagte Insa-Chef Hermann Binkert. Umgekehrt könnten sich 30 Prozent der Nicht-Unionswähler vorstellen, CDU oder CSU ohne Merkel zu wählen. Die Umfrage ist nach Insa-Angaben ohne Auftraggeber zu Analysezwecken durchgeführt worden.