Berlin.

Es wird ein entscheidendes Wochenende: Für die Union, aber auch für die Idee einer Jamaika-Koalition aus Union, FDP und Grünen. Am Sonntag um zwölf Uhr treffen sich Verhandlungsgruppen der Schwesterparteien in der Berliner CDU-Zentrale. Zuvor versuchen die CDU-Vorsitzende, Bundeskanzlerin Angela Merkel, und CSU-Chef Horst Seehofer unter vier Augen eine Grundlage für eine Einigung zu schaffen. Ziel des Treffens ist, mit einer gemeinsamen Linie in die möglichen Sondierungen mit FDP und Grünen zu gehen.

Der seit Monaten laufende Streit über eine Obergrenze wird zentrales Thema des Spitzentreffens sein. Die CSU fordert die Aufnahme von höchstens 200 000 Flüchtlingen pro Jahr. Merkel lehnt eine solche pauschale Festlegung klar ab – Grüne und FDP auch. Doch Seehofer gab sich am Freitag unnachgiebig. „Ich kann ohne eine Lösung zur Obergrenze zu meiner Basis nicht zurück“, sagte er in München. Ob er auf dem Wort Obergrenze bestehen wird, ließ er allerdings offen.

Seehofer steht parteiintern weiter unter Druck. Der CSU-Politiker Peter Gauweiler forderte seine Partei beispielsweise auf, vor dem Eintritt in Koalitionsverhandlungen die Führungsfrage zu klären. Die CSU müsse jetzt entscheiden, ob sie weiter von Seehofer oder vom bayerischen Finanzminister Markus Söder geführt werden soll, sagte Gauweiler der „Süddeutschen Zeitung“ . Koalitionsverhandlungen seien nicht dazu da, das Ende eines Parteichefs hinauszuschieben. Gauweiler sagte, es gebe von Rilke das schöne Gedicht über den Herbst, in dem es heißt: „Herr, es ist Zeit, der Sommer war sehr groß“. Das gelte jetzt für die CSU: „Horst, es ist Zeit.“ Über mögliche personelle Konsequenzen nach der Wahl will die bayerische Schwester der CDU erst auf dem Parteitag im November entscheiden. Die CSU war bei der Bundestagswahl auf 38,8 Prozent abgestürzt, mehr als zehn Prozentpunkte weniger als 2013.

Auch Merkel muss sich Kritik gefallen lassen. Die Junge Union (JU) pochte zum Auftakt ihres „Deutschlandtags“ in Dresden auf eine Schärfung des konservativen Profils – und eine klare Begrenzung der Zuwanderung. Der Chef des CDU-Wirtschaftsrats, Wolfgang Steiger, sagte dieser Zeitung: „Die offene und verdeckte Einwanderung in die Sozialsysteme via Asylrecht muss begrenzt werden. Der notwendige, zeitweilige humanitäre Schutz kann nicht zum Dauerbleiberecht werden und Sozialtransfers begründen.“ Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov zufolge befürwortet eine Mehrheit der Deutschen mittlerweile eine Obergrenze für den Zuzug von Flüchtlingen. 56 Prozent seien für die Forderung der CSU, eine konkrete Zahl im neuen Koalitionsvertrag zu verankern. 28 Prozent der Befragten sprachen sich dagegen aus. Bei den Unions-Wählern sind 55 Prozent dafür und 36 Prozent dagegen.